Konzert-Kritik Unheilig in der ausverkauften Mitsubishi Electric Halle in Düsseldorf

Düsseldorf · Unter den rund 7500 Unheilig-Fans in der restlos ausverkauften Düsseldorfer Mitsubishi Electric Halle herrscht eindeutig mehr freudige Spannung als quälender Abschiedsschmerz. Dicke Kerzen und wirr zuckende Stroboskopblitze tauchen die Bühne in ein diffuses Licht, im Hintergrund drei Musiker sowie die Kulisse einer Dampflokomotive, die kräftig faucht und pfeift.

 Der Graf zieht sich 2016 ins Private zurück. FOTO: THOMAS BRILL

Der Graf zieht sich 2016 ins Private zurück. FOTO: THOMAS BRILL

Der Gipfelstürmer-Express wartet darauf, Unheilig samt seiner Fahrgäste mit auf den Gipfel der rund 15-jährigen Karriere, von der die letzten Jahre rekordverdächtig erfolgreich waren, zu nehmen. Unter den Passagieren gestandene, bezopfte Männer in Motörhead-, AC/DC- und Wacken-T-Shirts, die Unheilig bereits seit der frühen Elektro-Metal-Phase kennen, Paare aller Altersklassen und auch viele Familien mit Kindern, deren Sprösslinge die meist zu großen Unheilig-Fan-Shirts wie Minikleider tragen.

"Lass uns bis zum Gipfel gehn", singt Der Graf in "Hinunter bis auf Eins" und packt sein Leben und damit auch seine musikalische Erfolgsgeschichte in Bilder aus Reinhold Messners Rucksack. Videos zeigen den Mann in Schwarz, wie er von Gipfelkreuzen aus den Blick über ein Alpenpanorama schweifen lässt, sichtlich zufrieden mit dem Erreichten und immer dankbar für jegliche erfahrene Unterstützung. Songs wie "Der Himmel so nah" oder "Mein Berg" beschreiben mit emotionalem Pathos Lust und Stolz, aber auch Anstrengungen und Entbehrungen, die mit dem erreichten Erfolg zwangläufig verbunden sind.

Dabei entwickelt "Wir sind die Gipfelstürmer", ebenso wie "Goldrausch", nochmals jene kraftvolle Energie aus frühen Unheilig-Zeiten, in denen die Band noch ein wenig nach Rammstein klang. Doch vieles in der Höhe des Erfolgs atmet die dünne Luft von Schlager-Kitsch. Die Fans jedoch jubeln, winken und singen - beim Hit "Geboren um zu leben" besonders beseelt - mit. Jetzt ist es am schönsten, und wie die Volksweisheit gebietet, zieht sich Der Graf ins Private zurück

Mit einem Brief an seine Fans, den er auf seiner Homepage bereits im Oktober veröffentlicht hatte, wird es zwar nach der "Gipfelstürmer"-Tournee noch eine "Zeit zu gehen"-Abschiedstour geben, deren letztes Konzert am 10. September 2016 im Kölner Rhein-Energie-Stadion stattfinden wird. Aber viele im frenetisch jubelnden Publikum nehmen schon an diesem Abend Abschied.

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