Überragende Anschlagskultur

Bonn · Kaum sind die drei Preisträger gekürt, geht die Telekom-Competition in die nächste Runde. Denn am Tag nach dem Finale schlägt im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses üblicherweise die Stunde des Publikumsfavoriten, der bereits während der zweiten Vorspielrunde erkoren wird.

Diesmal war die Wahl auf die Belgierin Stephanie Proot gefallen. DieAuszeichnung erhielt die Künstlerin zu Beginn des Konzertabends in Gestalteiner bronzenen Beethovenbüste, die Gudula Neidert-Buech zu diesem Anlassgestiftet hatte. Das Competition-Publikum hat sich mit der Wahl von StephanieProot als ausgesprochen fachkundig erwiesen.

Die Belgierin bot mit Werken vonBeethoven, Prokofieff, Brahms und Chopin einen großartigen, ja fulminantenAbend. Bedauerlich, dass diese so reif auftretende Künstlerin nicht den Weg insCompetition-Finale geschafft hatte.

Auftakt bildete Beethovens späte As-Dur-Sonate. Wunderbarabgetönt gelang ihr die Anfangsphrase, zart espressiv legte sie die schlichteMelodie im folgenden an, dem ganzen Satz verlieh sie dank überragenderAnschlagskultur eine geheimnisvolle Atmosphäre, der man sich nicht entziehenkonnte. Die "Frische eines jugendlichen Willens", so ein Kollege desKomponisten, soll sich in Prokofieffs dritter Sonate in a-Moll äußern.

Prootsmarkante, herrlich vitale und dazu atemberaubend souveräne Darbietung machtedas unmittelbar verständlich. Auch Brahms' fis-Moll-Sonate wurde zum Ereignis.Die 24-jährige Künstlerin offenbarte darin eine meisterliche Gestaltungskraft.Sie spielte ungemein klug, verdeutlichte motivische Zusammenhänge und bewieseinen untrüglichen Instinkt für die Abgründigkeiten in Brahms' Musik. Ein Teildes Publikums applaudierte stehend.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort