Töchter und Söhne der Stadt Bonn

Auf Einladung der Beethovenstiftung hat Antje Schiffers als Stadtkünstlerin recherchiert - Ihre Porträts, Skizzen und Fotos im Kunstverein

Stadtkünstlerin Antje Schiffers  (links) mit Carmina Gimber, die von ihr porträtiert wurde.

Stadtkünstlerin Antje Schiffers (links) mit Carmina Gimber, die von ihr porträtiert wurde.

Foto: Fischer

Bonn. "Ich habe mich der Stadt Bonn als Stadtkünstlerin zur Verfügung gestellt, bereit, das zu tun, was mir aufgetragen würde", so beschreibt Antje Schiffers den Beginn ihres Projektes "Töchter und Söhne der Stadt Bonn", das sie auf Einladung der Beethovenstiftung zwischen August und Dezember 2007 realisierte. Ablauf und Ergebnisse stellte sie im Rahmen eines Dia-Vortrags zum Thema "Vom Nutzen einer Stadtkünstlerin" im Bonner Kunstverein vor.

Es war nicht das erste Mal, dass Antje Schiffers sich und ihre Arbeit in einen gänzlich neuen beruflichen Kontext versetzte: Sie war schon einmal Blumenzeichnerin in Mexiko, tauschte in Italien und Russland Bilder gegen Kost und Logis und verdingte sich als Werkskünstlerin bei einem Reifenhersteller.

In Bonn lautete der Auftrag zunächst, sich etwas auszudenken, was mit der Stadt zu tun hat. Sie schrieb einen Brief an Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann und durfte schließlich ihr Anliegen im Kulturausschuss der Stadt vortragen. Dort war man sich einig: Die berühmten Söhne und Töchter der Stadt sollten ihr Thema werden - jedoch mit Bezug zur Gegenwart. Etwa: "Was wäre Beethoven heute für ein Typ?"

Sie entschied sich für eine Serie von Porträts von Bonner Kindern und Jugendlichen. "Das geglückte Kunstwerk zeigt in der Gegenwart Aspekte des Zukünftigen", heißt es im Nachwort des Buches, das der Kunstverein als Dokumentation herausgegeben hat.

Genau dies gelingt der Künstlerin mit den zarten Zeichnungen junger, erwartungsvoller, nachdenklicher, herausfordernder oder freundlicher Gesichter, "deren Laufbahn und Lebensweg sich noch als unbeschränktes Land der offenen Möglichkeiten darstellen", schreibt die Künstlerin und zititiert Cormac Mc Carthy: Sie hätten wie freigelassene Diebe "zehntausend Welten zur Auswahl".

Sie besuchte den St. Bernhard Kindergarten in Auerberg, zeichnete Isabell mit Lockenpracht, die verträumt in die Ferne schaut, am Sportplatz Graurheindorf traf sie die Fußballer Leon und Fabian, an der August-Macke-Schule am Hardtberg porträtierte sie Jan-Oliver, der ihr vom kasachischen Winter erzählte, und Klaudia, die mit Brille gezeichnet werden wollte.

Zweischneidig komme ihr die Jugend vor, so Antje Schiffers, "aufsässig und verschlossen, aber auch wild und frei". Am St. Adelheid Gymnasium beeindruckte sie Amelie, die ihr eine Stunde lang gerade in die Augen guckte.

Sie traf Bonner Mathematik-Studenten, die sich zur wöchentlichen Fachschaftssitzung in der Uni versammelten - "Sofas, Enge, Kühlschrank, Safttüten, Dachschräge" - und zeichnete Simon, der aussah wie ein "Renaissancejüngling". In ihren klassischen Porträts hebt sie die Elemente, die ihr wichtig sind, hervor und lässt weg, was vom Kern des Dargestellten ablenkt.

Im Zusammenspiel der Porträts, Fotos, Skizzen, Bilder und des Textes ist ein Gesamtkunstwerk entstanden, das sowohl einen ganz individuellen Blickwinkel auf die Stadt enthält, aber zugleich Typisches erfasst, das durch die Distanz der Zugereisten und die Reduktion auf Details neu erlebbar wird.

Den eigentlichen Grund ihrer künstlerischen Experimente verriet die Künstlerin zum Schluss: "Abenteuer werden erlebt, um sie später am Lagerfeuer erzählen zu können."

Das Buch "Töchter und Söhne der Stadt Bonn" kann für 12,40 Euro im Kunstverein und Stadtmuseum erworben werden.

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