Tierisches Vergnügen Tierische Uraufführung im Bonner Schauspielhaus

Bonn · Das Stück "Viele Grüße, Deine Giraffe" hatte am Wochenende Uraufführung im Foyer des Bonner Schauspielhauses.

 Im Theater-Zoo: Nadine Schwitter als Giraffe und Gustav Schmidt, der den Pelikan spielt.

Im Theater-Zoo: Nadine Schwitter als Giraffe und Gustav Schmidt, der den Pelikan spielt.

Foto: Thilo Beu

Was ist ein Hals? Bei der Giraffe braucht man nicht lange zu überlegen. Der Pinguin muss freilich darüber nachdenken und findet dabei wenig Hilfe bei seinem verehrten Lehrer Professor Wal. Wie die Frage überhaupt aufkam? Die Antwort liefert das Kinderbuch "Viele Grüße, Deine Giraffe" der japanischen Schriftstellerin Migumi Iwasa. 2017 wurde sie dafür mit dem Leipziger Lesekompass ausgezeichnet und 2018 mit dem Deutschen Jugendbuchliteraturpreis. Die Uraufführung der poetischen Erzählung kam am Samstag auf der kleinen Bühne im Foyer des Schauspielhauses Bonn heraus.

Es ist ein fast klassischer Briefroman für Leseanfänger. Die Inszenierung von Nadine Schwitter, die am Theater Bonn schon mehrfach arbeitete, macht das Geschriebene sicht- und hörbar - auch für die Generation der jüngsten Smartphone-Wischer, die mit elektronischen Postfächern schon in Kindergärten die Welt am Bildschirm erleben. Die Giraffe hat in der trockenen afrikanischen Savanne offenbar noch kein Netz. Blätter von hohen Bäumen knabbern, ab und zu blöde Zebras und Antilopen vor Hyänen warnen - das Leben könnte aufregender sein, wenn man mehr von der Welt hinter dem Horizont wüsste. Ihr Freund Pelikan langweilt sich auch und fungiert gern als fliegender Postbote. Für die Briefzustellung am Kap der Wale muss die Robbe einspringen. Aber Giraffes Brief kommt heil an bei Pinguin. Der untersucht gerade, warum das Wasser im Meer blau ist, in seinem Eimer jedoch nicht. Aber hinter seinen heimatlichen Eisbergen könnte so vieles ganz anders sein.

Till Nachtmann und Stefan Silies (Bühne und Kostüme) lassen die verschiedenen Welten der munteren Tiere mit einfachen Theatermitteln bezaubernd lebendig werden. Die Giraffe ernährt sich vegan, der Pelikan mag gern frischen Fisch zum Frühstück. Möglichst ohne all den fiesen Plastikmüll, der die Ozeane ruiniert. Die ökologische Botschaft ist jedoch eher Nebensache in der spielerischen Entwicklung einer Brieffreundschaft, die einfach begreifen möchte, wie das Anderssein funktioniert.

Nadine Schwitter selbst verkörpert die neugierige Giraffe mit geflecktem Schal, die rückwärts rollende Robbe mit Schlafsackflossen und den weisen Wal. Ungemein beweglich gibt der junge Gustav Schmidt (Mitglied des festen Bonner Schauspiel-Ensembles) den munteren Post-Pelikan und den wissbegierigen Pinguin. Dessen winzige Flügel taugen für interkontinentale Reisen eher nicht, schwimmen und laufen kann er aber fabelhaft. Okay: Wenn er nicht nach Südafrika kommen kann, wird die Giraffe ihren neuen Freund halt in arktischen Gefilden besuchen. Verkleidet als Pinguin, was nicht so ganz klappt. Aber sehr schön zeigt, dass Annäherungen ein stabiles Selbstbewusstsein verlangen. Vielleicht sogar echt geschriebene Briefe (hier als asiatische Papierrollen, bei deren Öffnung leise Glockenspiele erklingen), mit denen mehr zu sagen ist als durch die üblichen Mailfluten.

Die Giraffe hat eindeutig einen ihrer Biosphäre angemessenen langen Hals. Bei Schlangen beispielsweise weiß man nicht so recht, wo der Hals beginnt und endet. Eigentlich ist das aber ganz egal, weil Andersartiges den Reichtum unserer Welt ausmacht und Fantasie gepaart mit Freundschaft Grenzen überwinden kann. Nach einer kurzweiligen Stunde überzeugter Beifall bei der ausverkauften Premiere. Empfohlen für Publikum ab fünf Jahren.

Nächste Familienvorstellungen am 5. und 19. Oktober jeweils um 15 Uhr.

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