40. Pantheon-Lesenacht Texten über das Reisen und die Einsamkeit in der Fremde

BONN · Der Satz des Abends kommt ganz zum Schluss; gelesen vom Schriftsteller und Arzt Jakob Hein: "Der Alleinreisende hat keine Nationalität außer der Einsamkeit." Die Kollegen - Steffen Möller (Schauspieler, Kabarettist, Bestsellerautor) und "Balkanizer" Danko Rabrenovic (Musiker, Autor und Moderator) - sowie Gastgeber Horst Evers nicken beeindruckt.

 Gastgeber im Pantheon: Horst Evers.

Gastgeber im Pantheon: Horst Evers.

Foto: dpa

Zu Recht. Auch wenn das den Hörern der Radiosendung "Streng öffentlich" auf WDR 5 verborgen bleiben wird. Ebenso wie Mischa Sarim Verollet (Berliner Autor mit britischem Pass), Gast in der ersten Hälfte der 40. Pantheon-Lesenacht.

Selbst wenn nicht jeder auf Anhieb all ihre Namen kennen muss, zeichnen sie doch verantwortlich für einen der bislang besten Abende dieses Formats. Die Mischung stimmt, die Art des Humors ist zugleich ähnlich und auch unterschiedlich genug, um rundum Spaß zu machen.

So wie zum Beispiel Evers' Versuche, sich auf der heimischen Fensterbank einen eigenen Kräutergarten anzulegen. Doch das im Prospekt des freundlichen Discounters um die Ecke vollmundig angepriesene Sortiment für zehn Euro führt unter den nicht so grünen Daumen des Berliner Kult-Autors ein Eigenleben.

Soll heißen: nichts passiert. Egal, was er versucht. Das dämliche Ding landet neben der Mülltonne, wird von einer Nachbarin gefunden und - die Zuhörer ahnen es längst - sprießt und sprießt.

Mit wunderbar trockenem Humor und passend dazu todernster Miene vorgetragen sind Verollets Ausführungen über seinen kleinen Bruder, der erst sieben Monate auf sich warten lässt, dann nicht angefasst werden darf und schließlich beinahe zum Objekt erster wissenschaftlicher Forschungen im Kinderzimmer wird.

Wohingegen der "Balkanizer" das Leben in Deutschland mit ähnlich wohlwollender Verwunderung betrachtet wie sein russischer Kollege Wladimir Kaminer. Sei es dem charmanten Akzent geschuldet - Ähnlichkeiten sind nicht von der Hand zu weisen. Für Rabrenovic alles in allem kein schlechter Start vor dem Bonner Publikum.

Zumindest wissen wir jetzt, dass keiner auf der Welt so fluchen kann wie "Der Jugo in Deutschland". So heißt zugleich auch das erste Buch des in Belgrad geborenen und in Recklinghausen aufgewachsenen Autors.

Von fremden Sitten und Gebräuchen weiß auch Steffen Möller zu berichten, der mit seinem Bühnenprogramm "Viva Polonia" seit Jahren erfolgreich auf Reisen geht. Um es auf den Punkt zu bringen: Seine Enthüllungen über den polnischen Volkssport "Pilze sammeln" sind hinreißend.

Man möchte sofort mitmachen. Vielleicht, wenn die Fußballstadien nach der EM 2012 wieder Mutter Natur überlassen werden.

Kehren wir zurück zu Jakob Hein, während er den Hang seiner Landsleute karikiert, sich im Ausland mit Vorliebe zu tarnen, um bloß nicht als Deutsche erkannt zu werden. Weshalb wir fortan nur noch "Das Chamäleon der Völker" genannt werden wollen.

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