Konzerte in der Region Tastendonner und subtiles Leuchten

Bonn · Von Elena Bashkirova und Susanne Kessels Beethoven-Projekt bis zum Wunderkind Laetitia Hahn

 Ergreifende Kulisse: Elena Bashkirova im Arp-Museum.

Ergreifende Kulisse: Elena Bashkirova im Arp-Museum.

Foto: Wasmuth

Arp-Museum Rolandseck. Die erste Konzerthälfte hatte es in sich: bei ihrem Klavierabend im Arp-Museum Rolandseck bestritt Elena Bashkirova den ersten Teil mit der zweiten Ballade und den Funérailles von Franz Liszt sowie der ersten Sonate von Robert Schumann.

Gewichtige Werke mithin, die die ganze Virtuosin fordern, die Tastenlöwin ebenso wie die virtuos auf der emotionalen Klaviatur spielende Pianistin. Beides beherrscht Bashkirova bravourös, den Tastendonner ebenso wie das subtile Ausleuchten von mitunter auch extremen Stimmungen, auch wenn es bei den mit grandioser Wucht in die Tasten gehämmerten Akkordsalven mitunter einige Streuverluste gab.

Der Intensität und dem Ausdruck von Bashkirovas Spiel tat dies indes keinen Abbruch. Liszts zweite Ballade etwa changierte zwischen tief empfundener Emphase und circensischem Gestus, die Funérailles bestachen gerade zu Beginn mit düsterst ausgeleuchteter Stimmung und zartesten Anschlagsnuancen.

Nach der Pause huldigte Bashkirova der kleinen Form: Peter Tschaikowskys Album für die Jugend stand auf dem Programm: 24 Charakterstücke, schlichte Miniaturen, aber mit jeweils sehr charakteristischem Gestus. Diesen traf Bashkirova meisterhaft. Ein ebenso kurzweiliges wie brillantes Vergnügen.

Zum Schluss gab es dann noch mal einen virtuosen Hammer: Alexander Skrjabins vierte Sonate, ein von einem zerrissenen, durchaus jazzaffinen Gestus geprägtes Werk, das Bashkirova mit grandioser Wucht in die Tasten hämmerte. Guido Krawinkel

Bonner Kunstverein. Ein weiterer Etappensieg von Susanne Kessels internationalem Kompositionsprojekt "250 piano pieces for Beethoven" in Vorbereitung ihres fürs Jubiläumsjahr 2020 anvisierten Klavier-Marathons: Im Bonner Kunstverein stellte die rührige Pianistin sieben weitere des inzwischen auf 81 Kompositionen angewachsenen Kompendiums zeitgenössischer Klaviermusik vor.

Mit Christoph Theiler, dem es bei "Ludwigs Flügel" um die Erweiterung des Tonumfangs eines modernen Instruments geht, Keith Burstein mit seiner Zitaten-Kollage "Momento of Beethoven", Wolfgang Müller, der in "Schweine. Fingerübungen für Musik und Gebärdensprache" brachialgewaltig professionelle "Fehler" implantiert, und Siegfried Kutterer, in dessen "Different things in five" Einflüsse der Musik Südindiens sich mit abendländischer Ästhetik mischen, waren vier Komponisten bei ihren Uraufführungen zugegen.

Des weiteren aus der Taufe gehoben wurden "Resonanzen II" von David Philip Hefti, schwerindustrielle Klanggebirge mit Bezügen zum Allegretto der A-Dur-Sinfonie, "B-E Bagatella ecatombea" von Matteo Bertolina und "Wir irren allesamt", auf Beethovens Rätselkanon von Julian Lembke.

Susanne Kessel hatte den Abend mit dem Kopfsatz der cis-Moll-Sonate eröffnet, auf den sich Kai Schumacher mit "A little moonlight music" bezieht. "Ich fürchte, sie werden wenig von Beethoven hören" mutmaßte Sidney Corbett über seinem Beitrag "...ma non troppo e molto cabtabile", der in Diskant Anleihen bei Messiaen zu nehmen scheint.

Blieben noch zu erwähnen: Dennis Kuhn, der dem Flügel in "Ludwig's harp" entsprechende Glissandi entlockt, Erik Janson, der seinem Beitrag "Felix sit dies natalis 250 - meinem Idol Ludwig van" mitzusprechende Tagebucheinträge Beethovens unterlegt, Harald Muenz mit "Beethovenam-stück", Ulrike Haage mit ihrem etwas langatmigen Fragemodus "Unheard and unattended" und schließlich Mike Garson, ehemals David Bowies Keyboarder, mit seinen "Pathétique Variations". Fritz Herzog

Stadtmuseum Siegburg. Es gibt Beziehungen, die existieren über Jahre, bevor sie sich der Öffentlichkeit präsentieren. Andere zeigen sich nach kurzer Zeit bereits als "eingespieltes" Paar. In musikalischer Hinsicht gilt das genauso wie für Liebesbeziehungen. Eine solche frisch eingespielte Duo-Verbindung, die sich in dem Spannungsfeld zwischen respektvoll-erforschendem Umgang und Urverständnis befand, stand nach nur wenigen Wochen musikalischer Zusammenarbeit auf dem Podium der Resonanzen im Siegburger Stadtmuseum.

Die Protagonisten luden ein zu einer Schubertiade: Die Violinistin Hellen Weiß und der Pianist Benjamin Moser spielten Werke von Beethoven und Schubert und stellten sich damit als Duo erstmals gemeinsam vor.

In einem an Leichtigkeit und Spielfreude kaum zu übertreffenden Duktus kam die "Frühlingssonate" Beethovens als Eröffnungsstück daher.

Weiß ist Preisträgerin des EMCY Art for Music Prize und des Eduard-Söring-Preises der Deutschen Stiftung Musikleben, von der sie eine Violine von Giovanni Francesco Pressenda (Turin, 1823) zur Verfügung gestellt bekommen hat. Dem Instrument entlockt die junge Künstlerin im "Adagio molto espressivo" der Beethoven-Sonate beinahe lieblich-zarte Töne. Mit Stringenz und atemberaubender Schnelligkeit weiß sie demgegenüber im "Allegro vivace" von Schuberts Sonate g-Moll (D 408) aufzutrumpfen.

Dem stand der Pianist Benjamin Moser (Neffe von Edda Moser) in nichts nach. Moser, der unter anderem Gewinner des New Yorker Wettbewerbs "Young Concert Artists" und des Tschaikovsky-Wettbewerbs in Moskau war, brillierte bei Beethovens früher Klaviersonate Nr.6 (op.10, Nr.2) mit einem an Mozarts Klaviersonaten erinnernden Ton. Susanne Haase-Mühlbauer

Evangelische Kirche in Niederdollendorf. Mit einem Klavierabend der jungen Pianistin Laetitia Hahn ist Schluss: Nach 21 Jahren, in denen Michael Agi sich der Organisation von Konzerten mit klassischer Musik verschrieben und unter anderem 2009 den Verein Pro Klassik gegründet hat, ist Schluss.

Agi will die etablierte Konzertreihe, die er in Königswinter und Umgebung veranstaltet, in jüngere Hände abgeben und sich seinem Ruhestand widmen. Interessen hat der promovierte Meteorologe genug, sein besonderes Augenmerk galt aber immer der klassischen Musik und insbesondere der Förderung des Nachwuchses.

Die 2003 geborene Laetitia Hahn war schon des Öfteren in Agis Konzertreihe zu hören und auch in der Evangelischen Kirche in Niederdollendorf zeigte sie einmal mehr, welche Talente in ihr stecken. Zur Eröffnung gab es die Französische Suite in E-Dur von Johann Sebastian Bach.

Hier zeigte Hahn im Hinblick auf Artikulation, Anschlag und Abstufungen von Tempo und Dynamik schon viele sehr gute Ansätze, die selbst für ein Wunderkind alles andere als selbstverständlich sind.

Bemerkenswert waren auch in Wolfgang Amadeus Mozarts a-Moll Rondo (KV 511) das agogische Feingefühl, das Hahn an den Tag legte, und in Ludwig van Beethovens Pathetique die Stringenz und Tiefe ihrer Interpretation.

Gerade diese Sonate mit ihrer Wucht im Kopfsatz und dem ausdrucksvollen Adagio ist keine leichte Kost für eine junge Pianistin. Gleichwohl hielt Hahn Schritt mit dem Werk und bewies auch mit Frédéric Chopins Etüde op. 10,3 sowie "Venezia e Napoli" von Franz Liszt, dass sie im Virtuosenrepertoire genauso zu Hause ist.

Als Überraschungsgast trat an diesem Abend ihr Bruder Philipp auf, der sich mit der Klaviersonate Nr. 37 von Joseph Haydn und einer Chopin-Etüde anschickte, in die Fußstapfen seiner Schwester zu treten. Man darf also gespannt sein. Guido Krawinkel

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