Klavierabend im Beethoven-Haus Susanne Kessels Konzertmarathon mit Geburtstagsgrüßen

Bonn · An Beethovens Sterbetag gastiert die Bonner Pianistin mit ihrem Projekt „250 Piano Pieces for Beethoven“ im Kammermusiksaal.

Susanne Kessel

Susanne Kessel

Foto: Frommann

Beethovens 192. Sterbetag mit lauter Geburtstagsstücken zu begehen, erscheint nur auf den ersten Blick etwas kurios. Tatsächlich aber sind die Klavierstücke, die seit 2013 für Susanne Kessels Projekt „250 Piano Pieces for Beethoven“ entstehen, keineswegs nur Hymnen oder schlichte Ständchen zum 250. Geburtstag des Komponisten im kommenden Jahr, sondern eine intensive Auseinandersetzung mit Leben und Werk Beethovens auf engstem Raum.

Ihren Konzertabend im sehr gut besuchten Kammermusiksaal, zu dem das Beethoven-Haus gemeinsam mit den Bürgern für Beethoven eingeladen hatte, begann die Bonner Pianistin beziehungsreich mit Torben Maiwalds zart-melancholischer Komposition „Avvento“, die just an die Sterbeminute am 26. März 1827 um 17.46 Uhr erinnerte. Kenntnisreich moderiert von dem Musikwissenschaftler Rainer Nonnenmann stellte Susanne Kessel in ihrem Programm frühe und späte Klavierstücke Beethovens den Kompositionen des 21. Jahrhunderts gegenüber, ergänzt um zwei Sonatensätze aus der Feder von Beethovens Bonner Lehrer Christian Gottlob Neefe.

Die jüngsten Komponisten sind noch keine 20 Jahre alt

Die Stile der neuen Stücke sind so unterschiedlich wie die Persönlichkeiten ihrer Schöpfer. Bereits mit York Höllers „Weit entfernt und doch so nah“ ließ Kessel Trauer und Melancholie hinter sich, um sich dem Vorbild in exzessiv punktierten Rhythmen zu nähern. Von dem aus Kroatien stammenden Silvio Foretic, der wie Höller als Gast im Publikum saß, spielte Kessel das Klavierstück „(diese) Töne“, das ganz unpianistisch mit einem gesungen Zitat aus der Neunten endet. Komponistenkollegen Dietmar Bonnen sprang ein und intonierte es mit kraftvoller Baritonstimme: „O Freunde...“. Bevor Foretic im Anschluss ein paar Worte zur Musik sagte, entschuldigte er sich für seine fehlende Sprechstimme: „Zusammen sind wir taubstumm“, flüsterte der 79-Jährige in Anspielung auf Beethovens Taubheit ins Mikrofon.

Nach einem Beethoven/Neefe-Block kam eine Gruppe von unter 20 Jahre jungen Komponisten zu Wort, darunter der in Bonn geborene und in Sankt Augustin lebende Christian Brandenburger (Jahrgang 2004), der in „Beethoven Calling“ eine originelle, aus dem Morsealphabet abgeleitete kompositorische Idee souverän in Musik verwandelte. Die übrigen vier jungen Komponisten Paul Greally, Edward Mead, Hattie McGregor und Ezo Dem Sarici, die alle aus Großbritannien kommen, begeisterten ebenfalls durch ihre erfrischend geistreichen Annäherungen an Beethoven.

An dem insgesamt dreistündigen Abend folgten noch Stücke von Elias Jurgschat, Dietmar Bonnen, Synne Skouen, Nikolas Sideris (der alle „Piano Pieces“ als Notenbände verlegt), Bernd Hänschke, Sandeep Bhagwati, David P. Graham (der ebenfalls anwesend war), Hernan Quintela sowie von David Bowies langjährigem musikalischen Band-Partner Mike Garson. Insgesamt wurde man Zeuge von sieben Uraufführungen. Und einer Zugabe des Kölner Komponisten Manfred Niehaus, dessen zu früher Tod 2013 seine Mitwirkung an diesem großartigen Projekt verhinderte.

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