Strahlender Stern von Bethlehem

Das Gemälde "Die Anbetung der Heiligen Drei Könige", das dem anonymen "Meister des Bartholomäusaltars" zugeschrieben wird, ist ein kostbarer Zugewinn für das Rheinische Landesmuseum Bonn

  "Die Anbetung":  In ganzer Schönheit.

"Die Anbetung": In ganzer Schönheit.

Foto: Fischer

Bonn. Über mehr als drei Jahrhunderte war der Maler vergessen. Als dann während der deutschen Romantik die Malerei des späten Mittelalters neue Wertschätzung erfuhr, wurde er wieder entdeckt; und doch blieben er selbst und seine Lebensstationen letztlich anonym.

Allein ein herausragendes, wohl für die Kölner Kartause geschaffenes Werk verhalf ihm zu seinem Notnamen "Meister des Bartholomäusaltars". Stilistisch verwandte Werke wurden ihm nach und nach zugeschrieben.

Sein lebhaftes Kolorit, die kostbare Behandlung von Stofflichkeiten, die feine Gebärdensprache und der innige Ausdruck seiner Heiligenfiguren weckten bald die Begehrlichkeit privater und öffentlicher Sammler.

Jetzt ist es dem Geschick des Kölner Kunsthauses Lempertz zu verdanken, dass ein Tafelbild, das "weltweit einzige noch verfügbare des Meisters", in Privatbesitz aufgespürt und dem Rheinischen Landesmuseum Bonn übereignet werden konnte, nachdem eine lückenlose und rechtlich gesicherte Provenienz dieser "Anbetung der Heiligen Drei Könige" geklärt worden war.

Namhafte Sponsoren haben den siebenstelligen, aus Rücksicht auf den Vorbesitzer nicht exakt bezifferten Kaufpreis aufgebracht. Landesmuseumsdirektor Frank Günter Zehnder hat den exklusiven Zugewinn, die Nummer 1 auf der Liste der national wertvollen Kulturgüter in Nordrhein-Westfalen, dem Themenkreis "Heilige" zugeführt.

Über tiefblauem Fond entfaltet das zierliche Andachtsbild auf Eichenholz seine wohldurchdachte Farbgebung, die den Heiligen individuelles Leben verleiht. Meisterlich hat der Maler sie in eine vertikal geteilte Komposition eingebunden.

Der Blick des Betrachters wird vom symbolträchtigen Vordergrund, vorbei an den Gestalten auf eine ebenfalls sinnbildliche Architekturkulisse in eine offene Landschaft geführt. Der Stern von Bethlehem im Zenith des Bildes strahlt auf das Christuskind als den Messias.

Trotz seiner hervorstechenden Qualität bei sehr gutem Erhaltenszustand werden sowohl die Zuschreibung an den Bartholomäusmeister persönlich oder an einen seiner beiden aus dem vermuteten Werkstattbetrieb herausragenden Gesellen - und von dieser Frage abhängig - die Datierung der Bildtafel kontrovers beurteilt.

Frank Günter Zehnder, selbst ehemals Kustos der Mittelalterabteilung im Wallraf-Richartz-Museum Köln, wertet die "Anbetung" als zweifelsfrei eigenhändiges Werk; er kann sich dabei auf eigene Kenntnisse und die Expertisen zweier anerkannter Gutachter stützen.

Ein Argument zugunsten der Meisterhand liegt etwa in der Funktion der Tafel als privates Andachtsbild eines bürgerlichen Auftraggebers. Er, der mit seiner Frau im Bilde zu sehen ist, wird, einem der Gutachter zufolge, kein Gesellenstück akzeptiert haben.

Zehnders Nachfolger im Amt, Roland Krischel, seinerseits eng vertraut mit dem Ouvre des Meisters, ordnet das Werk - allerdings wohl ohne die Anschauung des Originals - einem der Gesellen zu.

Der nämlich, so Krischel, käme seinem Lehrherrn stilistisch besonders nahe, wiche jedoch in winzigen Details wie etwa der Haarbehandlung von Augenbrauen von der Hand des Meisters ab.

Diese nun gerade in Bonn und Köln vorgenommene unterschiedliche Händezuweisung zieht die Datierungsdifferenz - um 1475 und um 1500 - zwangsläufig nach sich. Der Meister des Bartholomäusaltars kann sehr wohl um eine Generation älter sein als sein Schüler.

Grundsätzlich ist solcherlei "Expertenstreit" keine Seltenheit in der Kunstgeschichte. Er gereicht dem Werk nicht zum Nachteil, beflügelt vielmehr die wissenschaftliche Diskussion und lenkt um so mehr den Blick auf das in jedem Fall schöne und kostbare Bild.

Rheinisches Landesmuseum Bonn, Di bis Sa 10-18, So 11-18, Mi und Fr 10-21 Uhr.

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