Philharmonie in Köln Starpianist Igor Levit spielt Sonaten von Beethoven

Köln · Was Beethovens Klaviermusik angeht, zählt Starpianist Igor Levit derzeit zu den interessantesten Interpreten im internationalen Musikbetrieb. Davon konnten sich jetzt auch Zuhörer in der Kölner Philharmonie überzeugen.

 Brillanter Beethoven-Interpret: Der Pianist Igor Levit.

Brillanter Beethoven-Interpret: Der Pianist Igor Levit.

Foto: dpa/Jan Woitas

Ich bleibe dabei. Das ist einfach die allergeilste Eröffnung einer Klaviersonate aller Zeiten", ließ der twitterfreudige Pianist Igor Levit im Mai dieses Jahres seine zahlreichen Follower über Ludwig van Beethovens "Waldsteinsonate" wissen und stellte zu Demons-trationszwecken noch ein zwanzigsekündiges Video dazu.

In der Kölner Philharmonie hatte man nun Gelegenheit, auch den ganzen Rest dieses pianistischen Wunderwerkes zu erleben. Levits Tweet mag manchem vielleicht eine Spur zu flapsig erscheinen, doch was Beethovens Klaviermusik angeht, zählt Levit derzeit nun mal zu den interessantesten Interpreten im internationalen Musikbetrieb. Das war schon deutlich zu spüren, als er 2005 als jüngster Teilnehmer der International Telekom Beethoven Competition Bonn trotz seiner erst 17 Jahre bis ins Halbfinale stürmte und bestätigte sich zuletzt mit seiner vor ein paar Wochen erschienenen, beeindruckenden Gesamteinspielung der 32 Klaviersonaten des Komponisten.

Darüber hinaus nahm er im vergangenen Jahr in Bonn den Beethoven-Ring der Bürger für Beethoven entgegen, und weil für ihn Beethoven zu spielen auch bedeutetet, dessen Werte zu vertreten, wird er, wie am Montagabend zu erfahren war, im Dezember von der Beethoven-Academy in Bonn mit dem Beethoven-Preis für Menschenrechte ausgezeichnet.

In Köln war der zweite Teil des Klavierabends dem Sonatenwerk gewidmet. Vor der Waldsteinsonate spielte er noch die frühe Sonate in F-Dur op. 10,2, die ungewöhnlicherweise ohne langsamen Satz auskommt. Was auch bedeutet: Die beinahe ausgelassen heitere Grundstimmung des Stücks wird kaum je ernsthaft eingetrübt. Es war ganz wunderbar, zu erleben, mit welchem Esprit und welcher Spielkultur Levit den Geist dieser Musik erfasste. Den mit repetitiven "con Brio"-Achteln voranstürmenden Beginn der Klaviersonate C-Dur op. 53, die Beethoven seinem Bonner Förderer Graf Ferdinand Waldstein gewidmet hatte, spielte er mit enormem Drive, zupackend, das rhythmische Pulsieren dieser Musik artikulierte mit einer wunderbaren Klarheit, wobei er die dramatischen Höhepunkte zupackend und mit Furor herausarbeitete. Hier spielte Levit mit vollem Risiko.

Mit der Sonate in F-Dur verbindet dieses Werk das Fehlen des langsamen Satzes, der hier zu einer langsamen Einleitung zum letzten Satz geschrumpft ist, der dann zunächst im zartesten Pianissimo anrollt und zum Fortissimo anschwillt, was Levit wirklich großartig gestaltete. Die Trillerfiguren und Arpeggien, die rasenden Triolen und Sforzati wusste er perfekt als Mittel zur Steigerung der musikalischen Energie einzusetzen, die am Ende im Prestissimo ihren wunderbaren Höhepunkt erreicht. Selbst die auf einem modernen Flügel schwer auszuführenden Oktav-Glissandi saßen perfekt. Der Begeisterung des Publikums in der sehr gut besuchten Philharmonie war danach groß.

Mit der Zugabe - einem kurzen Ausschnitt aus Ronald Stevensons 85-minütigen "Passacaglia on DSCH" - schloss er wieder an den introvertierteren ersten Teil des Klavierabends an. Den hatte er mit Johannes Brahms' Bearbeitung für die linke Hand von Bachs Chaconne aus der d-Moll-Partita für Solovioline begonnen, dessen Variationenfolge er zu einem großen spannungs- und ausdrucksvollen Bogen formte.

Aber auch Ferrucio Busonis "Fantasia nach J. S. Bach" - eine wunderbare Hommage an den Leipziger Thomaskantor - spielte er hinreißend. Dass sich in diesen Kontext Robert Schumanns späte "Geistervariationen" so natürlich einfügten, spricht für das sensible musikalische Gespür des Interpreten.

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