Sprechen lernen ist eine Kunst für sich

Georg Verhülsdonk unterrichtet an der Alanus Hochschule Sprechen und arbeitet als Phonetic-Coach bei Musicals

Sprechen lernen ist eine Kunst für sich
Foto: Wolfgang Henry

Alfter. Jemanden zum Reden zu bringen kann von Fall zu Fall recht schwierig werden. Jemanden das Sprechen zu lehren, ist eine Kunst für sich. Ohne die kein Schauspieler und kein Sänger in seinem Beruf auskommt.

Georg Verhülsdonk, seit September 2008 Gastprofessor für Sprecherziehung im Fachgebiet Schauspiel der Alfterer Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft, hat sich genau darauf spezialisiert.

Von 1974 bis 1982 studierte der gebürtige Kölner in seiner Heimatstadt Pädagogik. "Aber schon damals habe ich mich sehr für Theater- und Schauspielausbildung interessiert", blickt Verhülsdonk zurück. "Allerdings war mir von Anfang an klar, dass ich nicht selbst auf der Bühne stehen wollte", fügt er mit Augenzwinkern hinzu.

Ihn reizte vor allem die Arbeit hinter den Kulissen, das Handwerkszeug, um überhaupt auf der Bühne stehen und dort gehört werden zu können. Er besuchte Workshops und nahm Gesangsunterricht, ohnehin ein Pflichtfach für Heil- und Sonderpädagogen. "In meinem eigentlichen Beruf habe ich dann gar nicht gearbeitet." Der heute 55-Jährige stellte seine beruflichen Weichen um.

Er studierte Sprecherziehung in Münster, nahm dazu an Aus- und Fortbildungen in Spanien und Polen sowie an Workshops und Projekten teil. Als zertifizierter Stimm- und Körperarbeitslehrer hat Verhülsdonk seit 1993 an Theatern in Oberhausen, in Essen, Münster und Koblenz , in Belgien und Frankreich gearbeitet sowie auch als Phonetic-Coach bei Musicals wie "StarlightExpress", "Joseph" und "Elisabeth".

2003 kam er zusammen mit dem heutigen Generalintendanten Klaus Weise von Oberhausen nach Bonn. Im Dezember 2006 erreichte ihn ein Ruf der Alanus Hochschule, aus dem im Herbst dieses Jahres eine Gastprofessur geworden ist. Parallel dazu unterrichtet er an der Folkwang-Schule in Essen im künstlerischen Hauptfach Sprechen und bildet Schauspieler am Staatstheater in Kassel aus.

"Ich kannte die Alfterer Hochschule kaum, aber das Angebot hat mich interessiert, um von der Sprachgestaltung an staatlichen Hochschulen wieder zurück zur direkten Schauspielausbildung zu kommen", blickt Verhülsdonk zurück. Die Ausbildung auf dem Alfterer Campus orientiert sich an der staatlicher Schauspielschulen.

Es sind die gleichen Fächer und Stundenzahlen. Diese beinhalten sowohl Gruppen- als auch Einzelunterricht für Körper, Atem und Stimme. "Mit Blick auf die jeweiligen Stärken oder auch Schwächen wird jeweils intensiver an der Stimmbildung oder der Textgestaltung gearbeitet", erläutert der Stimmpädagoge und Sprecherzieher. "Ich hole die Studenten genau dort ab, wo sie am Beginn ihrer Ausbildung stehen."

Willen und Talent setzt er voraus, denn ohne das seien die Aufnahmeprüfungen auch gar nicht zu bestehen. Danach geht es für ihn daran, das Bewusstsein für Stimme, Atmung und Körpergefühl zu schulen. "So zu reden wie im Alltag reicht natürlich bei weitem nicht", ergänzt Verhülsdonk halb scherzhaft.

Ob kräftig, nuschelnd, akzentuiert oder leise: Jeder bringe seine eigene Art mit. Manieriertheiten schleifen sich allerdings in Verhülsdonks Unterricht schnell ab. Was ein Schauspieler lernen und später können muss, ist "mit unterschiedlichen Texten situativ umzugehen. Das heißt, ob er sich in der Alltagssprache ausdrückt oder in Versen spricht - es muss glaubwürdig sein." Einer der häufigsten Fehler von Anfängern bestehe darin, "dass sie nicht denken, was sie sprechen."

Eine gute Voraussetzung, um später erfolgreich auf der Bühne zu stehen, seien ein Bewusstsein für Artikulation und eine kräftige anpassungsfähige Stimme. "Der Schauspieler soll zwischen sich und dem Text eine Brücke bauen. Er muss ihn empfinden und persönlich werden lassen."

Um dies im Unterricht zu vermitteln, dürfen nicht mehr als maximal zwölf Studenten in einer Gruppe sein. Wobei die Frauen eindeutig in der Überzahl sind. "Von 900 Bewerbern an Schauspielschulen sind in jedem Jahr maximal 300 Männer dabei", weiß der Professor aus seiner langjährigen Berufserfahrung.

Ob Theater, Film oder Hörfunk: Eine sorgfältige Sprecherziehung zahle sich später in jedem Falle aus. Damit korrespondiert auch das passende Körpergefühl, das Verhülsdonk seinen Studenten ebenfalls mit auf den Weg geben möchte. "Beides fließt zusammen, und beides lässt sich trainieren." Natürlich spiele Talent bei all dem eine Rolle. Doch zum Genie muss deswegen niemand geboren sein, der Schauspieler werden will. "Mit Fleiß und Disziplin lässt sich viel erreichen. Und ohne das kommt auch die größte Begabung im Grunde nicht aus."

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