Ausstellung in Erpel Spielarten des Grauens

ERPEL · Die Ausstellung "Aktion 2T: Gewaltige Bilder" beeindruckt in den alten Brückentürmen von Erpel.

 "Ì saw - ich sah": Digitale Malerei von Helmut Reinelt auf der ersten Etage des hinteren Brückenturms.

"Ì saw - ich sah": Digitale Malerei von Helmut Reinelt auf der ersten Etage des hinteren Brückenturms.

Foto: Frank Homann

Das Konterfei von Staatsminister a.D. Heinz Schwarz, von Hendrik Beikirch auf eine riesige Leinwand gebannt, blickt von den Remagener Brückentürmen über den Rhein auf das gleichgroße Pendant eines amerikanischen Veteranen, das der Künstler an den Erpeler Zwillingstürmen der ehemaligen Ludendorfbrücke entworfen hat. In diesem haben Franca Perschen und Helmut Reinelt von "antiform" im Auftrag des Erpeler Kultur- und Kunstvereins "ad erpelle" erneut die Aktion 2T als Programmteil des Kultursommers Rheinland-Pfalz unter dem Motto "Gewaltige Bilder" realisiert.

Sieben Meter groß ist der Wehrmachtssoldat, dem sich die Besucher unmittelbar hinter dem Eingangfoyer gegenüber sehen. "Dieser Opener von Wolfgang Krell ist gewaltig hinsichtlich seines Formats, auf Gewalt weist aber auch die rote Farbe seines Sturmgewehrs hin, das sich dadurch von der Grau-Weiß-Darstellung deutlich abhebt", so Perschen.

Ein Kunstprojekt des Arp-Museums mit Schulen hat sie auf das Thema gebracht. Ausgehend von Bildern der Gräuel während des Ersten Weltkriegs hatten Schüler aus dem Internet Bildmaterial für drei Kurzfilme zusammengeschnitten.

"Wir waren schon erschüttert über die unvorstellbare Brutalität der Bilder, zu denen Jugendliche über dieses Medium ungehindert Zugang haben", so Reinelt. Dies gab den Anstoß zu dem Titel der Ausstellung, in der Künstler der Faszination von Bildern auf den Grund gehen, von denen man heute in einer ungeheuren Intensität überflutet wird. "Ist Realität durch Bilder angesichts ihrer ambivalenten Wirkungen überhaupt erfahrbar und wie manipulierbar werden wird durch sie", fragte der Vorsitzende des Kulturvereins, Edgar Neustein, in seiner Begrüßung.

Zumindest genau hinsehen, eine weitgehend verlernte Fähigkeit, muss man, um die unterschiedlichen "Spielarten" von Gewalt zu erkennen. So stellt Peter Schmidt den Fotos einer nach der Verfolgung türkischer Jugendlicher von Neonazis zerstörten Laube samt der Gartenmöbel das schwäbische Idyll der Modelleisenbahn-Kultur gegenüber.

Voller Ironie lassen dagegen die Kölner Foto-Künstler Felix Hild und Achim Hehn Figuren ihrer Kinderzeit weiterleben. So hat sich der böse Wolf zum Veganer gewandelt, der mit dem adoptierten Rotkäppchen nur noch im Gemüseladen einkauft, Pippi ist zur Mucki-Powerfrau geworden, während die Schlümpfe Opfer von den Nordic-Walking-Stöcken geworden sind, vor denen selbst die entlegensten Winkel nicht sicher sind.

Ganz offensichtlich wird die Gewalt von Perschen thematisiert. Ihre schmalen Zeichnungen im Schießschartenformat zeigen etwa den 2010 in Alexandria ermordeten Khaled Said oder greifen die Brutalität von Darstellungen in der brasilianischen Presse auf. Versteckt dagegen ist der Aspekt "Gewalt" in den Aquarellen der Japanerin Akiko Ozasa, deren zarten Blumen sich etwa als Varieté-Tänzerinnen entpuppen, die unter den lüsternen Blicken ihre Zuschauer zerfließen.

Die "Gewaltigen Bilder" von insgesamt 22 Künstlern sind noch bis Samstag, 21. September, donnerstags bis samstags von 14 bis 18 Uhr sowie sonntags von 13 bis 18 Uhr zu sehen.

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