Zu Besuch im Comedia Theater in Köln Spiel,Show und Slam

Köln · Kinder- und Jugendbühne,Theaterwerkstatt,Schauspieltraining, Kabarett und Co.: Das Comedia Theater in Köln ist vielseitig. Ein Blick hinter die Kulissen.

 Szene aus "Eine Nacht in Schnee und Eis" von Charles Way.

Szene aus "Eine Nacht in Schnee und Eis" von Charles Way.

Foto: COMEDIA THEATER

Der Besucher aus Bonn ist extra ein paar Minuten zu früh angekommen. Ist in die Vondelstraße im Kölner Süden eingebogen und hat die prächtige Front der historischen Feuerwache bewundert. Und sitzt nun am Tresen und genießt einen Espresso doppio, während er den Blick schweifen lässt durch diese einmalige Gastronomie im Comedia Theater. An den Wänden sind noch die Originalfliesen angebracht, die Rutschstangen der Feuerwehrleute sind in bernsteinfarbenes Licht getaucht. Rote Sitzpolster, ein Café-Bistro-Bereich, ein Restaurant. Tolles Ambiente in der alten Wagenhalle.

Der doppelte Espresso war ausgezeichnet, und jetzt nähern sich zwei sympathische Frauen. Astrid Hage, die Pressesprecherin des Comedia Theaters, und Natascha Vèbre, die für das Kabarett- und Comedy-Segment des Hauses zuständig ist. Auf dem Programm steht eine Führung durch „die Comedia“, wie jene vielseitige Kulturstätte im Kölner Süden, zwischen Chlodwigplatz und Volksgarten, griffig genannt wird. Astrid Hage schließt die erste Pforte auf, die uns zum Roten Saal leiten wird. Heute ist spielfrei. „Das Haus holt Luft“, sagt Hage lächelnd.

Der Ursprung des Theaters reicht bis in die 1970er Jahre zurück. Das 1974 in Würzburg gegründete Kinder- und Jugendtheater Ömmes & Oimel kommt 1977 nach Köln und hat ab 1982 einen festen Spielort in einem früheren Supermarkt in der Kölner Löwengasse, in der „Comedia Colonia“. 2009 zieht das Haus in das jetzige Domizil an der Vondelstraße um – und das Team verabschiedet sich von dem Namen der Gründungstruppe. Seit der Spielzeit 2009/2010 vereint das Konzept des Comedia Theaters fünf Programmbereiche unter einem Dach: Kindertheater, Junges Theater, Kabarett & Co., Schauspieltraining und Theaterwerkstatt.

Schon architektonisch betrachtet ist der Standort der Comedia voller Reize. Die ehemalige „Feuerwache Nr. 4 Cöln Süd“ wurde 1904 eingeweiht und wurde bis 2003 von der Feuerwehr genutzt. An der Hauptfassade erkennt man süddeutsche Renaissance- und Barockmotive; Tore, Türen und Fenster sind von Basaltlava eingefasst. In der großen Wagenhalle, die heute die Gastronomie beherbergt, standen noch bis 1923 Pferdefuhrwerke, die dann durch Fahrzeuge ersetzt wurden. Charakteristisch sind nach wie vor die fast sechs Meter hohen Fenster-Türanlagen, die sowohl auf die Vondelstraße als auch auf den atmosphärischen Innenhof führen.

Für die Kombination aus Alt- und Neubau des jetzigen Theatergebäudes zeichnet der Architekt Bernd Oxen verantwortlich, der auch das moderne Elefantenhaus im Kölner Zoo entworfen hat. Der Grundgedanke Oxens war, Denkmal und Neubau gleichwertig nebeneinander zu stellen. So wurde die denkmalgeschützte Fassade wiederhergestellt, und in den Räumen des Erdgeschosses finden sich zahlreiche „Zitate“ der alten Feuerwache. Nur durch eine Fuge aus Glas, die quasi als Spange die Verbindung herstellt, werden Neubau und Denkmal kombiniert. Insgesamt entstand eine Raumfläche von 3800 Quadratmetern. Das Wahrzeichen des neuen Comedia Theaters stellt der wieder aufgebaute Trocken- und Steigeturm mit einer Höhe von knapp 24 Metern dar.

Wir betreten den Roten Saal, die große Bühne der Comedia, 370 Zuschauer finden dort Platz. Der Saal besitzt eine variable Bühne, ist barrierefrei und verfügt neben einer aufwendig und großflächig installierten Lüftungsanlage auch über eine Induktionsschleife, die bei vielen Veranstaltungen eingeschaltet ist – was Besucher mit Gehörproblemen freut. Die zweite Bühne, der Grüne Saal, fasst 170 Zuschauer. „Für diesen Raum dürfte es rund 20 Bestuhlungspläne geben“, vermutet Astrid Hage. Es ist ein ganz spezieller Ort, eine spannende Bühne und deswegen auch bei vielen Künstlern so beliebt. Der Zuschauerblock steigt hoch an, so dass das Publikum dicht dran ist am Geschehen. Außerdem ist das Ende der Platzreihen abgerundet, es gibt aus der Perspektive der Künstler keine Ecken. Die Bühne selbst ist ebenerdig und weist einen eindrucksvollen Experimentiercharakter auf.

Astrid Hage und Natascha Vèbre geleiten ihren Besuch aus Bonn hinauf ins Dachgeschoss, dort befindet sich die historische Turnhalle. „Das Cremesahnetörtchen des Hauses“, so Hage. Recht hat sie. Der kleine Saal mit den hellen Holzdielen, den farbigen Linien und den grau gestrichenen Holzpfeilern wurde originalgetreu restauriert und dient den Ensembles als Probenraum.

Aktuell probt hier das Jugendtheater sein neues Stück „Villa Utopia“, das Anfang Januar erstmals aufgeführt werden soll. „Wir nutzen den Raum auch für Präsentationen und interne Geschichten“, sagt Hage. Wie man munkelt, sollen in dieser putzigen alten Turnhalle, wo einst die Feuerwehrmänner sich für ihren nächsten Einsatz stählten, auch rauschende Premierenfeiern über die Bühne gegangen sein. Und gehen.

Während im Neubau die beiden Bühnen sowie Hinterbühnen, Künstlergarderoben und Werkstätten untergebracht sind, besteht der Altbau aus Gastronomie, Probe- und Kursräumen sowie den Büros. In der Sparte Schauspieltraining werden jährlich rund 80 Kurse angeboten, und das Repertoire des Kinder- und Jugendtheaters umfasst etwa ein Dutzend Stücke für alle Altersgruppen. Im April 2017 ist das Ensemble der Comedia beim Berliner Theaterfestival „Augenblick mal“ eingeladen und dort mit seiner Eigenproduktion „Tigermilch“ (an ein Publikum 15 plus gerichtet) vertreten.

Seit einem Jahr leitet Natascha Vèbre den Bereich Kabarett & Co., und in der Comedia spielt das Wortkabarett nach wie vor eine wichtige Rolle. „Aber wir versuchen auch, ein neues Publikum zu ziehen“, sagt Vèbre. „Das versuche ich gerade etwas aufzulockern.“ Poetry Slam ist das große Stichwort. Aus dieser Szene rekrutieren sich derzeit viele neue Gesichter der Kleinkunst, die entweder in so genannten Slam-Shows mit Moderator und DJ auftrumpfen oder direkt den Spagat zum Kabarett vollziehen. Torsten Sträter ist da ein prominentes Beispiel.

Generell gilt: „Ich versuche, aus jedem Genre die Besten in die Comedia zu holen“, so Vèbre. Gerade durch die Slam-Events kommen verstärkt jüngere Leute ins Haus. „Wir sind nicht im Belgischen Viertel oder im hippen Ehrenfeld, sondern im eher ruhigen Süden, wo es eben etwas gesetzter ist“, erklärt Astrid Hage die Notwendigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden und neue Publikumsgruppen für sich zu gewinnen.

Viele heutige Kabarettstars sind mit der Comedia groß geworden. Sebastian Pufpaff zum Beispiel fing vor 50 Zuschauern im Grünen Saal an und gibt inzwischen ein Comedia-Auswärts-Gastspiel vor 900 Leuten im Theater im Tanzbrunnen. Für Wilfried Schmickler, der praktischerweise gleich um die Ecke wohnt, ist die Comedia wie ein zweites Wohnzimmer. Der Mann hat einen guten Geschmack.

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