Event in der ausverkauften Lanxess-Arena So war das Konzert von Ariana Grande in Köln

Köln · Mutprobe bestanden: Die Sängerin trotzte bei ihrem Konzert in Köln dem Terror – und ihre Fans waren ganz bei ihrem Idol. In der Lanxess-Arena verlangten die verschärften Sicherheitsbedingungen den Sicherheitsleuten allerdings einiges ab.

 Ariana Grande beherrscht die Pose ebenso wie das Singen. Das Bild entstand in London. In Köln durfte nicht fotografiert werden.

Ariana Grande beherrscht die Pose ebenso wie das Singen. Das Bild entstand in London. In Köln durfte nicht fotografiert werden.

Foto: Getty Images for AG

Ich packe meinen Gefrierbeutel und nehme mit: eine Lage Lidschatten in matten Brauntönen, einen Kajalstift, einen Eyeliner. Einen Volumen-Maskara, einen Highlighter, eine Dose Bronzepuder, einen Lip-Liner, einen Lippenpinsel, einen Lippenstift, einen Lipgloss. Auf den Blush in Pink kann ich zur Not verzichten. Aber ohne mein „Ari Eau de Parfum“, ohne die Ersatz-Ponytail-Extension und ohne den „Sweet Like Candy Hair Mist“ geht gar nichts. Fürs Smartphone, den Haustürschlüssel und das Portemonnaie ist gerade so noch Platz – ach, nee, jetzt ist der doofe Zippverschluss gecrashed…

Doubles von Ariana Grande, die am Sonntagabend beim ersten Deutschland-Konzert der Popikone in Köln zuhauf vertreten waren, verlangte die Umsetzung der verschärften Sicherheitsbedingungen Einiges ab. Am 22. Mai 2017, als die US-amerikanische Sängerin in Manchester auftrat, starben bei einem Terroranschlag in der Konzerthalle 23 Menschen und mehr als 500 Besucher wurden verletzt.

Für die seit März laufende „Sweetener“-Tour der 26-Jährigen müssen Fans auf Handtaschen und Rucksäcke verzichten, lediglich durchsichtige Plastiktaschen und Gefrierbeutel mit Zippverschluss und einem maximalen Fassungsvermögen von drei Litern sind zugelassen.

Klarsichtbeutel für die Sicherheit

Darf man sich trotzdem, siehe oben, darüber lustig machen? Soll man den Sinn und Zweck dieser Maßnahme bezweifeln? Oder den Mut derjenigen bewundern, die sich trotzdem wieder auf die Bühnen dieser Welt traut? Obschon sie, nach eigenem Bekunden, an Panikattacken und Angstzuständen leidet. Und deshalb auch in Köln, wie schon in Belgien, die VIP-Events im Konzertvorfeld (die so genannte Soundcheck-Party und ein Meet & Greet) kurzfristig absagte. Ja. Darf man. Weil es, weiß Gott, Wichtigeres auf der Welt gibt, als ein perfekt imitiertes Make-up und einen künstlichen Zopf.

Und nein. Soll man nicht. Weil das mit den Klarsichtbeuteln tatsächlich vielen Besuchern das Gefühl von (mehr) Sicherheit vermittelt hat. Auch wenn das, umwelttechnisch, bedenklich ist (wer klebt die Teile, im Zeitalter des Bloggens, noch hinterher ins analoge Tagebuch?) Und bewundern muss man sie unbedingt, die 1,53 Meter kleine Große, die sich dann, im Laufe des Konzerts, sogar direkt unter die Menschen wagt. Als Table-Dancerin in der Mitte der in zwei Hälften geteilten VIP-Goldgrube direkt vor der Bühne. Wie wild mag ihr Herz dabei geschlagen haben?

Dass nicht nur das Konzert in der Kölner Arena ausverkauft war, sondern auch für die Konzerte in Hamburg und Berlin kaum noch Karten zu bekommen sind, macht zudem deutlich: Auch Grande-Fans lassen sich keineswegs ins Bockshorn jagen. Und werden dafür mit einer Show belohnt, die fast zwei Stunden dauert. Mit einer Protagonistin, die wesentlich mehr drauf hat, als nur perfektes Posing. Wie bei „7 Rings“, wenn sie sich auf der Kühlerhaube eines pinkfarbenen Straßenkreuzers räkelt, den Rücken zum Bogen spannt, den Kopf in den Nacken legt. Die Kehle entblößt, ihr makelloses Profil zeigend, gerahmt von Haar, das schimmernd wie Seide herabwallt. Und die auch noch viel mehr kann, als fast die komplette Zeit – fünf Einspieler garantieren Atem- und Umziehpausen – auf Schuhwerk in Bewegung zu sein, das aufgrund von Spitze, Höhe und Enge andernorts locker als Folterwerkzeug durchginge. Sie singt. So gut wie kaum eine andere. Sie spielt mit Koloraturen und lässt Klangfarben funkeln wie Edelsteine, ihre Stimme hat Fülle, Tiefe und Timbre, ist lyrisch, dramatisch und erdig, rau, süß und elektrisierend. Ein Vier-Oktaven-Stimmwunder.

Querschnitt aus fünf Alben

Grande bietet einen Querschnitt aus ihren bislang fünf Alben, von „Right There“ über „Break Free“ und „Side to Side“ bis hin zu „Breathin“ und „No Tears Left to Cry“. Auch „Boyfriend“ mit dem Duo Social House fehlt nicht. Vor dem Hintergrund von Planeten, die sich in Wasserwellen oder in Wahrsagekugeln verwandeln, hüpft sie mit ihren Tänzern über den halbkreisförmigen Catwalk, als sei das ein Kindergeburtstag. Aber man darf sich nicht täuschen. Das hier war harte Arbeit. Und eine Mutprobe obendrein.

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