Chordirektorin Sibylle Wagner verlässt zum Ende der Spielzeit die Oper

Bonn · Wenn bei einer Opernaufführung die ersten Takte der Ouvertüre erklingen, ist ihre Arbeit meist bereits getan. Sibylle Wagner, Chordirektorin an der Bonner Oper, ergeht es da nicht anders als den meisten ihrer Kollegen an anderen Opernhäusern.

Sie studiert die Werke mit ihrem Chor ein und überlässt das Ensemble dann dem jeweiligen Dirigenten der Abendvorstellung. Doch als "Chordirektorin mit Dirigierverpflichtung" kann sie häufig auch selbst die Früchte ihrer Arbeit ernten. Heute Abend etwa in Händels "Jephtha", demnächst dirigiert sie die Wiederaufnahme von Giuseppe Verdis "La Traviata".

Die "Jephtha"-Inszenierung, die 2005 erstmals in Bonn über die Bühne ging, ist Teil der gefeierten Händel-Trilogie des Regisseurs Dietrich Hilsdorf mit "Saul" (2001) und "Belsazar" (2003) als weiteren szenischen Oratorien des Komponisten. Dirigent war damals Jos van Veldhoven.

"Die Arbeit mit ihm hat den Chor sehr vorangebracht", erinnert sie sich. "Da kam jemand, der Nikolaus Harnoncourts Vorstellung von der musikalischen Klangrede auf den Chor übersetzt hat. Und er hat einen Weg gefunden, diesen Klangkörper für die Barockmusik zu entwickeln."

Als Chordirektorin muss sie natürlich immer sehr eng mit den Dirigenten der Produktion zusammenarbeiten, sich in ihre oftmals sehr unterschiedlichen Klangvorstellung hineindenken und -fühlen. "Mir ist es immer wichtig, im Vorfeld mit ihnen ins Gespräch zu kommen." Während der Vorbereitungen zur Händel-Trilogie habe das außerordentlich gut funktioniert, erinnert sie sich.

Für Sibylle Wagner ist nach 15 Jahren als Chordirektorin an der Bonner Oper zum Ende der Saison Schluss. In dieser Zeit hat sie das Ensemble zu einem der besten des Landes geformt. In Zukunft möchte sie gern mehr als Dirigentin arbeiten. Seit einigen Jahren nimmt sie bereits während der Sommerpause regelmäßig für die Opera Classica Europa den Taktstock in die Hand.

"Das war wie ein Geschenk", sagt die Musikerin. Sie schätzt dort das familiäre Miteinander und die Möglichkeit, Opern wie Fidelio, Freischütz, Traviata oder Rigoletto in historischen Gemäuern wie alten Burgen oder Klosteranlagen aufzuführen. Auch kleinere Projekte hat die ausgebildete Kirchenmusikerin ins Auge gefasst, zum Beispiel als musikalische Leiterin von Veranstaltungen mit der früheren Hannoverschen Landesbischöfin Margot Käßmann, mit der sie bereits im Dezember in Hamburg und Bremen aufgetreten war.

Lebensmittelpunkt soll aber weiterhin Bonn bleiben. Die Stadt ist für die 1964 in München geborene und im oberpfälzischen Weiden aufgewachsene Musikerin längst zur eigentlichen Heimat geworden. "Ich könnte jetzt auch nach München gehen, oder nach Hamburg", sagt sie. Für sie wurde Bonn auch in familiärer Hinsicht zum Glücksfall. Als sie 1997 hierher zog, waren ihre zwei Kinder gerade ein und drei Jahre alt.

Dass sie ohne ständige Umzüge aufwachsen konnten, sei im Theaterberuf "ganz außergewöhnlich". Ihr Mann, Jörg Walberer, blieb hingegen zunächst in Hamburg, wo er unter anderem als Chefredakteur der Magazine "Gala" und "Hörzu" arbeitete. Auch sie hatte nach ihrem Studium in München und Salzburg (unter anderem bei Nikolaus Harnoncourt und Michael Gielen) und einem parallelen Chorstudium einige Jahre in der Hansestadt verbracht: als stellvertretende Chordirektorin der Hamburgischen Staatsoper. Nächste Station war dann Bonn.

Wichtig war ihr am Bonner Haus immer auch die Pflege der von Christian Firmbachs "Brundibar"-Produktion 2002 initiierten Kinder-Oper. "Da waren wir eine der ersten Städte, die so etwas gemacht haben." Mit Brittens "Der kleine Schornsteinfeger", Henzes "Pollicino" oder Glanerts "Die drei Rätsel" hat sie hier einige großartige Akzente gesetzt.

Sibylle Wagner dirigiert am Freitagabend, 19.30 Uhr, Händels "Jephtha", am Mittwoch, 27. Februar, 19.30 Uhr, Verdis "La Traviata". Karten in den Bonnticketshops der GA-Zweigstellen.

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