"Quatsch keine Oper" Selbst in Bayern ist das Bundesbüdchen ein Begriff

Bonn · Die Well-Brüder und Gerhard Polt kennen sich aus. Auch in Bonn. Mit feingeistiger Satire und musikalischem Traditionsbewusstsein sorgten sie für Jubelstürme.

Seilschaften und Kungeleien, Profilierungssucht und Scheinheiligkeit: Auf so etwas sind weder Gerhard Polt noch die Well-Brüder aus'm Biermoos sonderlich gut zu sprechen. So sehr der Kabarettist und das Multiinstrumentalisten-Trio auch ihre bayerische Heimat lieben, so sehr stören sie sich doch zugleich an den Verkrustungen in der dortigen Lokal- und Regionalpolitik – und lassen derartige Missstände nicht unkommentiert. Nicht zuletzt deswegen werden sie gerne als die wahre Opposition im Freistaat bezeichnet. Am Samstag waren die Vier nun im Rahmen der Reihe „Quatsch keine Oper“ zu Gast in Bonn und sorgten mit feingeistiger Satire und musikalischem Traditionsbewusstsein für Jubelstürme.

In der bayerischen Ländlichkeit finden Polt und die Well-Brüder kontinuierlich Material für ihre spöttischen Gstanzl und satirischen Szenen. Ob es nun der die Hausener Feuerwehr unnötig ausbremsende Kreisverkehr am Ortsausgang ist oder die Klagen gegen jene Nachbarn, die in ihrer Dreistigkeit mehr Würste auf den Grill werfen als von der entsprechenden Verordnung erlaubt: Genüsslich werden Kleinkariertheit und Vereinsmeierei durch den Kakao gezogen. Und wer nun glaubt, dass man sich als Bonner entspannt zurücklehnen kann, befindet sich auf dem Holzweg.

Karli, Stofferl und Michael Well hatten sich vielmehr ausführlich mit lokalen Streitthemen beschäftigt und den WCCB-Skandal, den inzwischen zum Glück ruhenden Dissens zwischen Sport und Kultur sowie die Diskussion um die Zukunft des Bundesbüdchens aufs Korn genommen. Derweil bedient sich Polt wie gewohnt bei Stammtisch-Schwätzern, Gartenzaun-Duellanten und den ewig Gestrigen, deren Aussagen das Publikum immer wieder zum Lachen bringen und die doch längst nicht so überzeichnet sind, wie man zunächst denken mag. Dabei gelingt es dem 74-Jährigen meisterhaft, seine Figuren nicht zu bloßen Abziehbildern zu degradieren, sondern ihnen Tiefgang und Komplexität zu verleihen. Seine großväterlichen Charaktere beschweren sich zwar gerne, meinen es aber eigentlich trotz fragwürdiger Methoden nur gut – etwa der Rentner, der seinen Enkel zu einem lupenreinen Demokraten erziehen will und ihm die deutsche Geschichte auf seine Weise zu vermitteln versucht. „Wenn wir den Ersten Weltkrieg nicht verloren hätten, hätte es den Zweiten gar nicht gebraucht“, sagt er dann. Ah ja.

Bei aller Kritik an der Rückwärtsgewandtheit mancher Gruppierungen legen sowohl Polt als auch die Well-Brüder großen Wert darauf, die Traditionen zu bewahren. Vor allem die musikalischen. Ja, das geht zusammen, wenn auch nicht so, wie ein Andreas Gaballier sich vielleicht vorstellt. Stattdessen greifen die Wells irgendwann auch mal zu ihren Alphörnern und beweisen, dass eigentlich alle bekannten Melodien, vom Lied über den Bi-Ba-Butzemann bis zur „Ode an die Freude“, in erster Linie für diese Instrumente geschrieben worden sein müssen. Das Publikum ist von der Vielseitigkeit auf jeden Fall begeistert und feiert Alpen-Sound und Satire.

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