Theater Bonn Seit 1. August ist Bernhard Helmich neuer Generalintendant

BONN · Der 1. August war eine Zäsur im Berufsleben von Bernhard Helmich. Zwischen 2006 und 2013 diente er dem Theater in Chemnitz als Generalintendant, jetzt hat er die Nachfolge von Klaus Weise in Bonn angetreten. Anders als Weise haben sie Helmich in Chemnitz nicht mit einem Fest verabschiedet.

Dies meldete die Freie Presse in Chemnitz und kommentierte den aus ihrer Sicht sang- und klanglosen Abgang: "Dass er nun so lautlos die Stadt verlässt, ist beschämend. Er hat das Chemnitzer Opernhaus deutschlandweit bekannt gemacht und bei allen Spardiskussionen ist es ihm gelungen, alle Sparten und das A-Orchester zu erhalten. Eine offizielle Verabschiedung hätte er verdient gehabt."

Helmichs Vorgänger Rolf Stiska genoss noch eine andere Behandlung durch die Stadt Chemnitz. Als er 2006 in den Ruhestand ging, erschien ein Buch über Stiskas 14 Jahre dauernde Intendanz.

Darin fanden sich Beiträge von Barbara Ludwig, die damals Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst war, und dem damaligen Oberbürgermeister Peter Seifert, berichtete die Freie Presse: "Vom Publikum verabschiedete sich Stiska beim Konzert zum Ende der Spielzeit. Diese Möglichkeit ist Helmich verwehrt geblieben, denn dieses Konzert findet jetzt zu Beginn der neuen Spielzeit statt."

In der Freien Presse haben Jana Peters und Swen Uhlig die Leistungen des 1962 geborenen Helmich bilanziert. Besonderes Augenmerk galt dem Musiktheater: "Der Schwerpunkt seiner Arbeit lag auf der Oper. Bernhard Helmich wollte das Chemnitzer Haus überregional noch bekannter machen - was ihm gelang."

Zwei Produktionen seien 2007 mit dem Deutschen Theaterpreis "Der Faust" ausgezeichnet worden: "Die Liebe zu den drei Orangen" von Sergei Prokofjew, inszeniert von Dietrich Hilsdorf, und das Ballett "Giselle M.", choreografiert von Stephan Thoss.

Helmich und sein Team hätten unbekannte und selten gespielte Opern ausgegraben, loben die Autoren, unter anderem Pietro Mascagnis "Iris". 2008 feierte "Pinocchios Abenteuer" von Alasdair Middleton seine deutschsprachige Erstaufführung in Chemnitz. Das Stück wurde für den deutschen Theaterpreis nominiert.

Misserfolge blieben nicht aus, heißt es in der Bilanz. "La Bohème" zum Beispiel fiel 2010 durch. "Die Herzogin von Malfi" von Torsten Rasch erlebte 2013 ein Fiasko. Die Autoren der Freien Presse setzen sich ausführlich mit Helmichs Konfliktfähigkeit auseinander. Mit dem ehemaligen Finanzbürgermeister Detlef Nonnen habe er jahrelang im Streit gelegen; es ging um Sparpotenziale im Theater.

Machtproben in Chemnitz pflegte Helmich zu gewinnen, und zwar von Anfang an: "Durchsetzungsvermögen brauchte Helmich zu Beginn seiner Amtszeit. Er verlängerte den Vertrag von Generalmusikdirektor (GMD) Niksa Bareza nicht. Die Musiker der Philharmonie stellten sich jedoch gegen die Kandidatenvorschläge, die Helmich machte, und wollten, dass Bareza bleibt. Am Ende setzte sich Helmich durch und benannte im Januar 2007 Frank Beermann als neuen GMD", schrieben Peters und Uhlig.

Das sei noch längst nicht das Ende der Chemnitzer Fehden gewesen: "Ebenfalls durchsetzen musste er sich beim Austauschen der Ballett-Compagnie. Er löste sowohl den Vertrag mit Chef Torsten Händler als auch den mit den Tänzern. 2007 schickte Helmich fast allen Schauspielern und Schauspielchefin Katja Paryla die Kündigung."

Paryla reagierte empört: Mit Veränderung sei immer zu rechnen, mit dem kompletten Austausch des Ensembles ohne Wechsel der Intendanz niemals, sagte sie laut Freie Presse. Einige Schauspieler zogen auch vor Gericht, scheiterten aber. Ab der Spielzeit 2008/09 war Enrico Lübbe Schauspielchef.

In Bonn liegen die Dinge, personell betrachtet, anders. Helmich tritt mit seinem Wunschteam an. Aber auch in Bonn erwarten den neuen Generalintendanten Herausforderungen vielfältiger Art. Wie es scheint, ist er psychisch auf Härtefälle vorbereitet.

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