Reihe "Short Stories" Seelenverwandte Interpreten

Bonn · "Kammermusik Köln" präsentiert in ihrer Bad Godesberger Reihe Musik von Komponisten aus der Zeit des Ersten Weltkriegs.

Ein Konzert kurz vor Weihnachten, das den Blick auf den Ersten Weltkrieg lenkt. Geht das? Doch, denn "mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen", um es mit Paul Gerhardt zu sagen. Und so widmete sich die Reihe "Short Stories" des Vereins "Kammermusik Köln" im jüngsten Konzert der Musik von Komponisten, die das Grauen auf den Schlachtfeldern "erlebt" oder "überlebt" haben oder aber "gefallen" sind.

Obschon dieser rote Faden also mit viel Tristesse durchwirkt ist, bescherte er dem leider nur spärlich erschienen Publikum im Historischen Gemeindesaal in der Kronprinzenstraße eine Menge wunderbarer Musik. Große Namen waren darunter wie Ralph Vaughan Williams und Claude Debussy, aber auch zwei englische Tonsetzer, deren vielversprechende Karriere in den Schützengräben ein Ende fand.

George Sainton Kaye Butterworth, ein enger Vertrauter von Ralph Vaughan Williams, fiel mit 31 Jahren in der Schlacht an der Somme. Von ihm hörte man den Liederzyklus "Love blows as the wind blows" für Bariton und Streichquartett. Formvollendete Musik, hintergründiger und vieldeutiger als die schwelgerische Tonsprache von Williams.

Der ausgezeichnete Bariton Ronan Collett bot eine intensive und innige Interpretation, nicht minder leidenschaftlich musizierten Matthias Lingenfelder und Juta Ounapuu-Mocanita, Violinen, Matthias Buchholz, Viola, und Oren Shevlin, Cello.

Der zweite in den Tiefen der Musikgeschichte Verschollene heißt William Denis Browne. Er fiel 1915 bei Kämpfen an den Dardanellen. Sein Lied "To Gratiana Dancing and Singing" fand in Ronan Collett einen seelenverwandten Interpreten, der sich zugleich auf den fabelhaft subtil spielenden Pianisten Nicholas Rimmer verlassen konnte.

Rimmer trumpfte denn auch in Vaughan Williams? Klavierquintett c-moll groß auf. Mit untrüglichem kammermusikalischen Sinn lotete er den üppigen Klavierpart aus. Besetzungstechnisch folgt Vaughan Williams dem Schubertschen Forellenquintett und lässt sich für den Kontrabassisten (Stanislau Anishachanka) eine Menge einfallen. So darf er bei zahlreichen Kantilenen "mitsingen".

Die süffige, opulente, an Brahms erinnernde Musik erfuhr eine mitreißende Wiedergabe. Am Anfang des Abends stand Fritz Kreislers Präludium und Allegro, von Lingenfelder und Rimmer sehr vital gespielt, außerdem hörte man Vaughan Williams? Romance für Viola und Klavier.

Weihnachtlich wurde es schließlich auch noch, doch auf eine beklemmende Weise. Claude Debussys Lied "Noel des Enfants", geschrieben im Dezember 1915, ist eine von glühendem Patriotismus erfüllte Anklage über das Leid, das die deutschen Truppen nach Frankreich gebracht haben. Ergreifende Musik, von Ronan Collett und Nicholas Rimmer aufwühlend musiziert.

Das nächste Konzert der Reihe am 29. Januar 2018 bietet eine Short Story mit dem Titel "früh vollendet - unvollendet". Gespielt werden Werke von Franz Schubert, Guillaume Lekeu, Lili Boulanger und Wolfgang Amadeus Mozart.

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