Roentgen-Museum Neuwied zeigt fürstliche Sammlung

"Sonnenfächern und Luftwedeln"

Roentgen-Museum Neuwied zeigt fürstliche Sammlung
Foto: Franz Fischer

Neuwied. Er werde doch wohl seine Bestellung "Sonnenfächer und Luftwedel zierlich" nicht vergessen haben, mahnte Herzog August von Sachsen-Gotha-Altenburg im Frühjahr 1818 den damals in London weilenden Joseph Meyer.

Man kann mutmaßen, dass dieser Meyer, später Herausgeber des "Großen Conversations-Lexikons", dem Wunsch seines Landesherrn nachgekommen ist; denn dieser besaß schließlich fast 300 Fächer europäischer und ostasiatischer Provenienz.

Aus seiner Kollektion von hohem musealem Rang lässt sich schließen, dass die kleinen Kunstwerke schon damals kostbare Sammelobjekte darstellten. Heutzutage werden sie im Schlossmuseum Stiftung Schloss Friedenstein in Gotha bewahrt. Rund 80 dieser historischen Exemplare, sehr viele exotische, aber auch "ächt brittische", wie Herzog August geschrieben hatte, sind neben chinesischen Porzellanen jetzt im Roentgen-Museum Neuwied zu sehen.

Im 17. Jahrhundert erreichte der Faltfächer über Portugal das übrige Europa. Hier verdrängte er andere Fächerformen, etwa den aufwendigen Radfächer. Ein solches Exemplar gelangte noch 1818 als Geschenk der russischen Zarin in die Sammlung des thüringischen Fürsten. Rasch entstanden Manufakturen in Spanien und Italien, in Frankreich und England, auch in Holland und Deutschland.

In Paris wurden 1673 bereits 60 Éventaillisten (Fächermacher) gezählt, 1753 gab es schon 150 Werkstätten; und in London formierte sich 1709 sogar eine Gilde der Éventaillisten. Luxusgüter waren die Fächer allemal schon durch die Materialien ihrer Gestelle aus Elfenbein, Perlmutt, Schildpatt, Silber und Gold.

Den Motiven waren so gut wie keine Grenzen gesetzt. Englische Fächermacher orientierten sich im 18. Jahrhundert insbesondere an der auch sonst beliebten China-Mode. Der Faltfächer "Chinoiserie en rose" zeigt chinesische Figürchen und eine europäische Landschaftsszenerie.

"Ächt brittisch" dagegen gibt sich die Ansicht des Parks "Kew Gardens" in feiner Grisaille-Malerei. Auf den galant-erotischen Gebrauch weisen das Bild des "Blinde-Kuh-Spiels" auf einem deutschen Fächer, mehr noch die englischen "Schäferszenen", die man eigentlich in Frankreich vermutet hätte, aber auch hier fehlte es nicht an amourösen Motiven.

Eine im Garten sitzende junge Dame trägt einen herzförmigen Wedel; ihr gegenüber zielt ein Galan mit Pfeil und Bogen auf einen Pfau. Solche Symbolbildchen untermalen die bereits im barocken Spanien verfasste "Sprache der Fächer", die durch mehr oder weniger kokette Gesten die Gefühlslage der Dame verriet - ob sie nun sagen wollte: "Du bist verwegen" oder auch "Ich suche Bekanntschaft".

Roentgen-Museum Neuwied bis 3. Mai; Di-Fr: 11 bis 17, Sa 14-17, So 11-17 Uhr.

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