Rheinisches Landesmuseum widmet "Kanzlerfotograf" grandiose Ausstellung

Zum 70. Geburtstag von Konrad Rufus Müller zeigt das Rheinische Landesmuseum eine spannende Chronik über ein halbes Jahrhundert deutscher Politik und Gesellschaft. 170 Fotografien zeigen Müller als äußerst vielseitigen Fotografen.

Rheinisches Landesmuseum widmet "Kanzlerfotograf" grandiose Ausstellung
Foto: Konrad Rufus Müller

Bonn. Was bringt einen 25-jährigen Kunststudenten dazu, mit der Vorkriegs-Rolleiflex des Vaters von Berlin nach Bonn zu trampen, um den 89-jährigen Bundeskanzler Konrad Adenauer zu fotografieren.

"Dieses unglaubliche Gesicht hat mich fasziniert", schwärmt Konrad Rufus Müller 45 Jahre später, "je älter er wurde, desto schöner wurde er."

Von der starken Wirkung, die das Gesicht des stoischen Alten mit seinen vielen Falten unter den Augen und den Furchen auf der Stirn für den jungen Müller hatte, zeugt eine Bleistiftzeichnung, die er ein Jahr vor dem Fototermin in Bonn nach einem Bild des FAZ-Fotografen Wolfgang Haut schuf.

Dieses Blatt eröffnet eine denkwürdige Ausstellung zum 70. Geburtstag von Konrad Rufus Müller im Rheinischen Landesmuseum, eine Schau, die nicht nur auf ein halbes Jahrhundert Fotokunst zurückblickt, sondern eine spannende Chronik über ein halbes Jahrhundert deutscher Politik und Gesellschaft bietet.

Mit Adenauer begann Müllers imposante Kanzler-Galerie. Er hat sie alle vor der Kamera gehabt, von Adenauer bis Angela Merkel, hat unterschiedlichste Erfahrungen gemacht, viel Distanz und etwas Nähe erlebt.

Eine belastbare Freundschaft aber war nicht dabei. "So etwas gibt es in der Politik nicht", sagt Müller und spricht über den entrückten Patriarchen Adenauer und die Zerrissenheit Willy Brandts.

Die Melancholie der Macht, sie wird greifbar in Müllers wunderbaren Brandt-Porträts. Bei Helmut Schmidt spürt man die hanseatische Kälte und Distanz. Helmut Kohl wollte Müller zunächst gar nicht fotografieren, "wir dachten, der hält sich nur vier Wochen", meinte er 1982.

Erst sechs Jahre später fotografierte Müller ihn, es führte wohl kein Weg an dem mächtigen Mann vorbei. Man arrangierte sich. Seit über 20 Jahren begleitet er den Oggersheimer, die letzten Fotos datieren von Januar dieses Jahres.

Sie zeigen den hinfälligen Kanzler der Einheit im Rollstuhl: "ein sehr emotionaler, trauriger Moment". Müller hat mit dem Medienkanzler Gerd Schröder zu tun gehabt, hat sich über Angela Merkel geärgert - "die lässt sich von mir nicht fotografieren, sie ist ein absoluter Kontrollfreak", schimpft er (Müller fotografierte sie dennoch).

Und er findet es gar nicht gut, auf den "Kanzlerfotografen" reduziert zu werden. Seine Retrospektive in Bonn belegt eindrucksvoll, was einem entgeht, wenn man den in Königswinter lebenden Müller auf die acht prominenten Republik-Lenker reduziert.

170 Fotografien, von A bis Z sortiert, zeigen Müller als äußerst vielseitigen Fotografen. Er hat sich mit seiner Kamera großen Persönlichkeiten genähert, vielen aus der Politik aber auch Philosophen wie Habermas, Musikern wie Bernstein, Schauspielern wie Martina Gedeck, dem Kirchenmann Joseph Ratzinger, dem Entertainer Harald Schmidt und dem Bayern-Keeper Kahn.

Es gibt faszinierende Reportagen, etwa über den österreichischen Kanzler Bruno Kreisky, in denen Müller alle Facetten seines Könnens aufbietet:

Das perfekt und ohne künstliche Mittel ausgeleuchtete Porträt, die schnappschussartige Momentaufnahme, das atmosphärische Interieur, das ungeheuer private Familienbild, die Stimmungslandschaft.

Zwölf Bilder sind auf einer Negativ-Rolle - die müssen oft reichen, meint Müller, dem die Digitalfotografie mit ihrer ziellosen Bilderflut absolut fremd ist, der Manipulationen strikt ablehnt.

"Ich suche das wahre Menschenbild", sagt Müller, "ich will das gelebte Leben zeigen." Dabei gehe es nicht darum, jemanden bloßzustellen, sagt er mit einem Seitenhieb auf die Sensationspresse und den modernen Fotojournalismus.

Er hasst auch den Wahn, alles perfekt aussehen zu lassen und dafür den Computer zu verwenden. Wie viel schöner das natürliche, gut beobachtete Porträt sein kann, davon erzählt seine Ausstellung.

Und warum das so ist, sagt Müller in aller Unbescheidenheit: "ich kann's halt!" Und die nächste Herausforderung wartet schon: "Ich will ein erotisches Fotobuch mit Iris Berben machen."

Rheinisches Landesmuseum Bonn, Colmantstraße 14-16 Uhr. Die Ausstellung läuft bis zum 30. Mai. Konrad Rufus Müller führt am 28. April und 5. Mai, jeweils 18 Uhr, durch die Ausstellung. Anmeldung unter der Telefonnummer: (02 28) 207 03 51.

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