Finissage-Wochenende Retrospektive Gary Hill im Bonner Kunstmuseum

BONN · Wenn am kommenden Wochenende die diesjährige Videonale, das Festival für zeitgenössische Videokunst in Bonn, zu Ende geht, meldet sich noch einmal ein Altmeister zu Wort. Nicht dass Gary Hill, der in diesen Tagen 62 wird, kein Zeitgenosse mit aktuellen Projekten wäre. Aber als einer der ersten Künstler, die in den 1970er Jahren mit dem Medium Video zu experimentieren begannen, gilt er als historischer Bezugspunkt für kommende Generationen.

 Szene aus Gary Hills Video "Blind Spot".

Szene aus Gary Hills Video "Blind Spot".

Foto: GARY HILL/DNA BERLIN GALERIE

Im Gespräch mit Kunstmuseumsintendant Stephan Berg wird Gary Hill einige seiner zuvor gezeigten Arbeiten kommentieren und man darf gespannt sein auf den Kalifornier, der in seinem Lebenslauf die nationale Skateboard-Meisterschaft, die er mit 13 gewann, ebenso erwähnt wie die erste Dosis LSD mit 15.

Anfang der 70er Jahre geht Hill nach Woodstock, New York und beginnt mit elektronisch erzeugten Geräuschen zu experimentieren. Er assistiert bei einem lokalen Kabelsender und darf dessen Ausrüstung benutzen. Bald entstehen die ersten Videos, in denen Geräusch und Bild in Beziehung treten. Die körperliche Beschaffenheit der Sprache, ihre Verbindung mit elektronischer Dynamik und die menschliche Interaktivität mit Kunstwerken bleiben sein Thema.

Kaum eine Arbeit macht das deutlicher als das Video "Mediations". Darin ist eine Hand zu sehen, die Sand auf eine Lautsprechermembran schüttet. Dazu beschreibt Gary Hill aus dem Off die Handlung, während die Membran im Einklang mit der Stimme schwingt und die Sandkörner zum Tanzen bringt.

Wie poetisch und konzentriert Hills Arbeiten sind und sich mit neuen Bildern im Gedächtnis des Betrachters festhaken, zeigt auch "Site Recite". In der vierminütigen Kamerafahrt um einen Tisch, in der die dort liegenden Gegenstände permanent scharf gestellt und wieder aus dem Fokus genommen werden, geht es um die Verbindung zwischen sprachlicher Bedeutung und visueller Erfahrung. 1985 zieht Gary Hill nach Seattle und beschäftigt sich mit dem französischen Autor Maurice Blanchot (1907-2003). In den kommenden Jahren entsteht der Film "Incidence of Catastrophe", eine 45-minütige Adaption von Blanchots Roman "Thomas the Obscure". In verstörenden, düsteren Bildern begleitet der Film den Protagonisten, der sich beim Lesen eines Buches in seiner eigenen Vorstellungskraft verliert und daran zugrunde geht.

Auch in der jüngeren Arbeit "Isolation tank" von 2011 überlässt Gary Hill den Betrachter seinem eigenen Verlangen, den Bildern Sinn und Struktur zu geben. In diesem vollständig computergenerierten Video scheint sich die Kamera auf ein Objekt zuzubewegen, das in den Weiten des Ozeans treibt.

Beim Näherkommen erkennt man ein verlassenes Surfboard, das bald von einer Welle mitgerissen wird. Im Hintergrund verliert sich das Geräusch eines Helikopters, die Kamera zieht sich langsam zurück. Die Geschichte, die Gary Hill erzählt (oder vielmehr nicht erzählt), spielt sich komplett im Kopf des Zuschauers ab.

Am 6. April zeigt das Kunstmuseum Bonn im Rahmen der Videonale eine Retrospektive zu Gary Hill. Dazu wird ab 16 Uhr im Auditorium ein Filmprogramm gezeigt, anschließend spricht Stephan Berg mit Gary Hill.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Die Stunde der Sieger
Abschluss Deutscher Musikwettbewerb in Bonn Die Stunde der Sieger
Zum Thema
Aus dem Ressort