Deichkind auf dem Kunst!Rasen Remmidemmi in der Gronau - 6500 Fans machen begeistert mit

Bonn · So viel Show war noch nie auf dem Bonner Kunst!Rasen. Die norddeutsche Band Deichkind lieferte am Samstagabend ein Spektakel ab, das mehr war als ein konventionelles Popkonzert: exzessive Dada-Performance, exaltiertes Musiktheater, wilder Kindergeburtstag und die donnernde Verschmelzung von Rap, Techno und Comedy. Stagediving im Gummiboot und Riesenfass inklusive.

 Deichkind empfiehlt: "Hol' die Ellenbogen raus, burn dich aus!" Szene vom Bonner Konzert.

Deichkind empfiehlt: "Hol' die Ellenbogen raus, burn dich aus!" Szene vom Bonner Konzert.

Foto: Ingo Firley

6500 Fans auf dem Kunst!Rasen feierten die Hamburger Feierbiester, die unter anderem programmatische Zeilen wie "Arbeit nervt" und "Kein Gott, kein Staat, lieber was zu saufen" ans Publikum weiterreichten. An ausgelassenen Feier-Abenden wie diesem überhörten die Fans gern die Ironie, die sich in den flotten Songzeilen verbirgt, und das kokette Spiel mit dem Stumpfsinn. Mitsingen statt mitdenken war das Motto des Abends.

Die Texte waren auch kaum zu verstehen. Die Menschen berauschte sich an der Musik und an sich selbst. Alle waren Deichkinder, ob auf oder vor der Bühne. Der Verkleidungsstil vieler Besucher orientierte sich an den illuminierten Pyramidenhelmen. Fluoreszierende Bemalung in den Gesichtern und neonfarbene Leuchtstäbe im Haar waren die Hits des Abends.

[kein Linktext vorhanden]Kryptic Joe alias Philipp Grütering, Ferris Hilton alias Ferris MC, Porky alias Sebastian Dürre und ihre drei Performance-Kollegen rappten zu den technoiden Elektro-Beats von DJ Phono alias Henning Besser und traktierten die Fans mit Imperativen: "Achtung, alle Hände hoch!"

Deichkind auf dem Bonner Kunst!Rasen
160 Bilder

Deichkind auf dem Bonner Kunst!Rasen

160 Bilder

Das sah dann aus wie im klassischen "Radio Gaga"-Video von Queen. Die eingängigen, rhythmisierten Elektrosounds und Tiefschlag-Bässe dienten als musikalisches Gerüst des Rap-Gesangs. Das klang manchmal so, als seien die Pet Shop Boys in die Muckibude gegangen. Die Anarchie der Bühnenshow ist ausgeklügelt, die Spontaneität perfekt einstudiert. Diesen Widerspruch halten Band und Publikum mühelos aus.

Kein Wunder bei Songmaterial, das zum Beispiel den Widerspruch zwischen Wunsch und politisch korrektem Bewusstsein genussvoll ausbreitet. Flatscreen statt Bücherregal - leider geil. Fette Karre statt Umweltschutz - leider geil. Der Song "Leider geil" vom Album "Befehl von ganz unten" war im Konzert ein Knaller, genauso wie der Titelsong, wie "Roll das Fass rein" und "Bück dich hoch".

Wie konnten sie das noch übertreffen? Mit "Remmidemmi (Yippie Yippie Yeah)" natürlich. Da erreichte die bassbefeuerte Feierwut ihren Höhepunkt. Wieder glitt ein Schlauchboot über die Köpfe, die Zuhörer wurden gefedert, die Masse tobte. Es war das angemessene Finale eines denkwürdigen Konzerts. Den Sechs auf der Bühne hat es offenbar auch viel Spaß gemacht. Sie würden gern auf den Kunst!Rasen zurückkehren, erklärten die aufgekratzten Nordmänner. Gern, ein Wiedersehen macht Freude.

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