Pantheon-Theater Rainer Pause ist seit 30 Jahren Fritz Litzmann

BONN · So was nennt man wohl einen standesgemäßen Empfang. Wer das Büro von Rainer Pause im Bonn-Center betritt und auf der anderen Seite seines Schreibtisches Platz nimmt, wird von der Queen begrüßt. Solange die Sonne scheint, denn die 16 Zentimeter große Kunststofffigur wird mit Solarenergie betrieben.

 Pantheon-Chef Rainer Pause in seinem Büro.

Pantheon-Chef Rainer Pause in seinem Büro.

Foto: Barbara Frommann

Das passt gut. Hat sich ihr Besitzer - Gründer und Geschäftsführer des Pantheon-Theaters - doch seinerzeit in der linken Studentenszene Bonns einen Namen gemacht. An diesem Mittag hört ihre Majestät mit dem Winken auch gar nicht mehr auf, denn die Sonne scheint direkt auf den Schreibtisch.

Da sitzt er nun, der Chef: ebenfalls mit einem Lächeln. Wer ihn so anschaut - auch abends an der Theke im Pantheon-Foyer, mit einem Notebook und einem selbstaufgeschäumten Cappuccino - würde kaum für möglich halten, dass er und Fritz Litzmann ein und derselbe sein sollen.

Ja eben, der Alterspräsident des 1. Freien und Kritischen Karnevalsvereins (FKK) Rhenania: mit Frack, weißer Weste und Blume im Knopfloch, das obligatorische Glas Kölsch in der Hand. Ein gutmütiges Kichern ab und an und die herrlich gespielte Verzweiflung bei den vergeblichen Anläufen, das R über seine Zunge zu rollen. Eine Figur "so widersprüchlich wie möglich, um mit ihr so viel wie möglich erzählen zu können": So beschreibt Rainer Pause sein Alter Ego auf der Bühne: "Er hat keinen Beruf, er ist vielleicht Rentner. Man weiß es nicht. Warum tut er sich das an? Er ist doch nur Alterspräsident und hat keine Entscheidungskompetenz."

Pause lächelt. Wie alt Fritz Litzmann ist? "Auch das bleibt völlig im Dunkeln. Tatsache ist: Seit 30 Jahren stehen er und sein kongenialer Partner - der Vorsitzende Hermann Schwaderlappen (Norbert Alich) - auf der Bühne. Sie sind merkwürdige Narren, streitbare Kellerkinder und der mit zwei Mannen kleinste Elferrat überhaupt. Gegründet 1983 mit der alternativen Karnevalsrevue in der Kessenicher Kultkneipe "Fettnäpfchen"; sieben Jahre später das erste Programm mit dem bezeichnenden Titel "Grenzenlos e.V." Inzwischen sind wir bei Nummer neun, und die beiden haben nach wie vor "Oberwasser".

Aber zurück zum Anfang der Geschichte, als Rainer Pause - geboren am 14. Juni 1947 in Essen - 1966 nach Bonn kam, um dort Medizin zu studieren. Als er bei der Studiobühne sein Talent fürs Theater entdeckte, sofort eine Hauptrolle bekam und in Paris bei Philippe Gaulier Schauspielunterricht nahm. Hätte man ihm damals prophezeit, dass er einmal als Alterspräsident eines Karnevalsvereins seine größten Bühnenerfolge feiern würde? Rainer Pause, der Anfang der Achtziger mit dem "Frankfurter Fronttheater" und den "3 Tornados" auf Tour ging, hätte ungläubig den Kopf geschüttelt.

1987, nach einer Wahltournee für die Grünen, wurde das Pantheon aus der Taufe gehoben. Als Rainer Pause, sachkundiger Bürger der Grünen, im Kulturausschuss der Stadt Bonn saß und die Diskussionen um die ungewisse Zukunft des städtischen Kulturforums im Bonn-Center mit dem Satz beendete: "Wenn ihr das nicht auf die Reihe krieg, dann übernehme ich das eben."

Heute gehört das Haus, das mit dem Casino nun auch einen kleinen Bruder hat, zu den renommierten Kabarett- und Kleinkunstbühnen Deutschlands. Wo Kollegen wie Georg Schramm, Helmut Schleich und Andreas Giebel auftreten, die gemeinsam mit Rainer Pause ihren Programmen den entscheidenden Schliff verpassen. Die Regiearbeit, erklärt er, gebe ihm Gelegenheit, "Ideen einfließen zu lassen, die ich selbst gar nicht alle umsetzen kann".

Und Bekanntschaft mit Charakteren zu machen, die ihn tief berühren. August, der Sozialdemokrat, zum Beispiel stammt aus Schramms Gedankenwelt und ist für Pause eine Figur mit großer Tragik: "Den musst du richtig am Leben verzweifeln lassen." Wohingegen das Thema Tod in all seinen Dimensionen ihn schon immer fasziniert und beschäftigt habe. Zusammen mit dem Kölner Publizisten und Fremdenführer Martin Stankowski geht er dem in Kirchen und Krematorien philosophisch auf den Grund. Das heißt, wenn die beiden nicht gerade als rheinische Geschichtenerzähler den Rhein stromauf- und abwärts fabulieren.

Das alles klingt beeindruckend; vor allem nach viel Arbeit: "Was soweit zwar stimmt, aber ich habe halt so eine gewisse Unruhe im Hintern", sagt der Vater zweier erwachsener Kinder - einem Sohn, 40, und einer Tochter, 30 - sowie der Großvater von zwei Enkeln im Alter von zehn und dreizehn Jahren. Der sich beim Kochen entspannt, beim Wandern und Pilze sammeln, auf seiner Lieblingsinsel Gomera oder auch beim Klettern in den Bergen. Nicht zuletzt nach München zieht es ihn immer wieder; dort, wo er noch immer eine große Familie hat und wo das politische Kabarett daheim ist. Dass es nun auch in Bonn ein Zuhause hat, hat es auch Rainer Pause und dem Pantheon zu verdanken.

"Das war durchaus ein Stück Pionierarbeit damals. Heute ist die Stadt mit zwei Kabarettbühnen sehr gut aufgestellt." Auch wenn Rainer Pause bedauert, dass die Bedeutung dieser Tatsache leider von vielen unterschätzt werde. "Kulturpolitik wird hier oft zu eng gedacht." So heißt es für ihn und sein Team auch weiterhin "Zusammenhalten". Frei nach der von Fritz und Hermann ausgegebenen Parole "Alles wird neu, so wie's immer war". Heiter, aber nicht unpolitisch. Und die Queen winkt dazu ... solange die Sonne scheint.

"Oberwasser" gibt es wieder am 19. und 20. Juli. Karten sind in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen erhältlich.

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