Chamber Orchestra of Europe in Köln Pures Glück mit Mozart

KÖLN · Schon bei seinem Philharmonie-Auftritt im Mai bescherte der Dirigent Yannick Nézet-Séguin dem Kölner Publikum eine "Sternstunde". Damals mit dem Philadelphia Orchestra.

Jetzt präsentierte er sich mit dem Chamber Orchestra of Europe. Als Klaviersolist war sein halb so alter Landsmann Jan Lisiecki (20) zur Stelle. Beide bescherten bei KV 482 pures Mozart-Glück.

Schon gleich zu Beginn machte Nézet-Séguin klar, dass er mit Mozart nicht zimperlich umgehen würde und das maskuline Element in dieser Musik herauszustellen gedachte. Ohne Taktstock dirigierend, modellierte Yannick Nézet-Séguin das Werk modulations- und kontrastreich, wobei er mit individuellen Ausdrucksnuancen immer wieder neue Spannung erzeugte. Für einige Momente mochte man befürchten, dieser zupackende Stil könnte Jan Lisieckis fein perlendes Spiel erdrücken, doch ergab sich im Gegenteil eine stimmige, inspirierende Balance.

Der junge Pianist spielte das Werk mit einer Perfektion sondergleichen. Doch sie wirkte an keiner Stelle kalt, unpersönlich, sondern moussierend, brillant in allen Lagen, besonders aufregend in den superben Trillern und stets emotional verinnerlicht. Subtil hoch drei auch die Chopin-Zugabe.

Das Orchester war Dritter im Bunde dieser einfach sagenhaften Interpretation. Mozart hat in KV 482 die Holzbläser (keine Oboen, dafür Klarinetten) mit besonders reichen Aufgaben bedacht. Und hier wurden Klangereignisse geboten, die mitunter förmlich sprachlos machten.

Vergleichbare Eindrücke bescherte Beethovens 5. Sinfonie, wahrlich oft gehört aber kaum je wie unter Yannick Nézet-Séguin. Seine Auslegung geriet - die "Schicksalsmotive" sogleich gedrängt attacca - impulsiv, ohne Bleigewichte freilich, im Finale aber mit einem bezwingenden Pathosleuchten. Spätestens nach dieser Interpretation gilt es die Legende Furtwängler zu überdenken. Auch dies keine übertreibende Formulierung.

Zu Beginn hörte man Beethovens Streichquartett opus 95 in der Orchesterfassung Gustav Mahlers. Die Herkunft des Werkes aus dem Bereich Kammermusik bleibt jederzeit erkennbar, aber die Klangpotenzierung hat auch ihre Reize. Freilich: Es muss so gespielt werden wie vom Chamber Orchestra of Europe. Ein Abend musikalisch hochschäumender Eindrücke also, zu Recht frenetisch bejubelt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Neue Musik zwischen Wohnwagen
Beethoven Orchester im BaseCamp Neue Musik zwischen Wohnwagen
Zum Thema
Ein Porträt Venedigs am Piano
Iiro Rantala und Fiona Grond beim Jazzfest Ein Porträt Venedigs am Piano
Aus dem Ressort