Pur und Sido beglücken ihre Fans in Köln

Eine Schneekanone mit federleichten Flocken sorgte in der Lanxess-Arena für vorweihnachtliche Stimmung

Pur und Sido beglücken ihre Fans in Köln
Foto: Thomas Brill

Köln. Lanxess-Arena. Um 21.55 Uhr pustet die Schneekanone federleichte Flocken aus. Und während sie sich im Scheinwerferlicht in rosafarbene Kirschblüten verwandeln, fragt man sich unweigerlich: "Ist das Leben nicht schön?"

Jetzt, so kurz vor Weihnachten, wo alle Wünsche wahr werden können. Vielleicht sogar die von Hartmut Engler, der sich mehr Lohn und Dank für Krankenschwestern wünscht, einen Siegeszug der Liebe durchs Leben und ein dickes Fell für Mutter Erde, dick genug, um uns, ihre undankbare Menschenbrut, zu ertragen. 27 000 Fans sind in diesem Moment wunschlos glücklich.

An zwei Abenden in Köln, wo Pur auf ihrer "Wünsche"-Tour Station machten. Dass dabei das gleichnamige, Anfang September veröffentlichte, Album im Mittelpunkt stand, war logisch. Wieder aufgetaucht aus dem Tal der Tränen - nach der Trennung von Partnerin Nubya durchlitt Engler eine Depression mit allen Nebenwirkungen - präsentiert sich der 48-Jährige strahlend im Tri-Color-Look.

Im weißen (roten, blauen) Hemd singt er sich, mitunter vor lauter Seligkeit tremolierend, durch ein Repertoire, das von der aktuellen Bestandsaufnahme "Gesund" über den gefährlichen Trip ins "Abenteuerland" bis hin zum alkoholfreien Rausch der frühen Tage reicht: "Hab´ mich wieder mal an dir betrunken".

Begleitet wird die schwäbische Supernase dabei von der bewährten Tourband, die einmal mehr unter Beweis stellt, dass man Pur-Texte zwar nicht unbedingt mögen muss, aber zumindest die musikalische Qualität der Bietigheim-Bissinger über jeden Zweifel erhaben ist. Susanne Schramm

Live-Music Hall. "Prost Köln?- "Prost Sido"; "Danke" - "Bitte, tight Alta". Ein ritualisierter Wortwechsel, zu dem Sido immer dann greift, wenn er glaubt, dass eine angemessene Dosis Kumpelhaftigkeit dem Stimmungsbarometer gut täte.

Diese Karte wird er beim fast zweistündigen Konzert in der ausverkauften Live Music Hall einige Male ziehen. Das ist zum einen Entertainment-Kalkül, zum anderen drückt es Sidos Verhältnis zu seinen Fans durchaus authentisch aus.

Er ist mit ganzem Herzen Kumpel der Underdogs, erzählt vom harten Leben aus seinem "Block" im Berliner Märkischen Viertel und wie man da rauskommen kann. Sein böses sexistisches Gangster-Alter-Ego hat er im Intro zu seinem aktuellen Album "Aggro Berlin" endgültig symbolisch in den Schrank gesperrt. Vorbei die Zeiten, wo "Leute zu bespucken" der besondere Kick im tristen Alltag war. Sido wird 30 und findet, dass er älter und erwachsener wird.

Das Abrücken von Hiphop-Klischees drückt sich auch im Outfit aus: schwarzer Anzug, weiße Krawatte, schwarzer Hut. Eine Mischung aus Van Morrison und Klaus Lage. Das Konzert hebt sich wohltuend vom früher gepflegten Bad-Boy-Image ab und lässt Augenzwinkerei zu.

Der Mann hat Humor, witzelt in "Seniorenstatus" über sich und Samy Deluxe als ZZ-Top des Hiphop und seine Geliebten "Marie und Jana" entpuppen sich leicht als "Marie-juana". Dazu spielt seine Band Reggae. Das geht im Hiphop eigentlich gar nicht. In "Schlampen von gestern" treibt es Sido noch wilder und macht auf Schlager, was live aber unangenehm an Sportfreunde Stiller erinnert.

Ronald Krüger

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