"Viva Polonia" in der Beethovenhalle Präludien zur Ewigkeit

BONN · Der Komponist Mieczysław Karłowicz hatte neben der Musik eine große Leidenschaft: die Natur seiner Heimat, insbesondere der Hohen Tatra, die er wandernd und auf Skiern zu erkunden pflegte.

Über seine Touren veröffentlichte er sogar Reiseberichte. Man darf es als einen der großen tragischen Momente in der polnischen Musikgeschichte beschreiben, dass er mit nur 33 Jahren bei einem seiner Ausflüge unter einer Lawine begraben wurde.

Aus seinem bemerkenswerten Oeuvre hatte Bonns musikalisch entdeckungsfreudiger Generalmusikdirektor Stefan Blunier für das letzte Freitagskonzert der Saison eine sinfonische Dichtung ausgewählt, deren Titel "Traurige Erzählung" (Präludien zur Ewigkeit) op. 13 in der Tat Programm ist. Die tiefen, dunkel abschattierten Register der Holzbläser und Streicher stimmen auf eine düstere, depressive Atmosphäre ein. Kar?owicz entwickelt hier eine ganz eigene, sehr ausdrucksvolle Musiksprache, die das Beethoven Orchester kraftvoll zum Klingen brachte.

Frédéric Chopin ist bei diesem Programm natürlich Pflicht

Bei einem Konzertmotto "Viva Polonia" ist Frédéric Chopin natürlich Pflicht. Khatia Buniatishvili, die derzeit zu den gefragtesten Pianistinnen der jungen Generation zählt, spielte den Solopart in seinem Klavierkonzert Nr 2 in f-Moll.

Die Georgierin, die in der sehr gut besuchten Beethovenhalle mit einem signalroten Kleid die Bühne betrat, hob im "Maestoso" des ersten Satzes mit Energie und Leidenschaft an, zeigte jedoch schon wenige Takte später ihr Gefühl für melancholische Zwischentöne. Im langsamen Satz bezauberte sie mit sehr fein ausbalancierten Klangsinn. Erst im sehr schnell genommenen Finale überlagerte die Lust am virtuosen Spiel den eigentlichen musikalischen Ausdruck.

Mit Witold Lutos?awskis dritter Sinfonie kam auch die polnische Avantgarde der Nachkriegsgeneration ausführlich zu Wort. Die Partitur wirkt mit ihren blockhaft nebeneinander gestellten Abschnitten wie ein grafisches Kunstwerk. Oft ist es den Musikern im Orchester überlassen, in welchem Zeitmaß sie bestimmte Phrasen zu spielen haben. Das Beethoven Orchester machte daraus unter Bluniers sicherer Leitung ein packendes musikalisches Drama.

Nicht allen im Publikum gefiel es, manche gingen frühzeitig. Aber der Applaus war am Ende dennoch so groß, dass Blunier noch eine Zugabe folgen ließ: den mitreißend gespielten Grande Valse in Es-Dur op. 18 von Chopin in einer Bearbeitung von Strawinski.

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