Ausstellung "Reise ins Dunkel" Plastische Porträts von tragischer Komik

Bonn · Das Thema Demenz sei zu negativ und zu traurig für eine Kunstausstellung, meinten kritische Stimmen im Vorfeld. Tatsächlich zeigt die "Reise ins Dunkel", wie vielfältig die mit der Erkrankung einhergehenden Gefühlswelten sein können.

 An den Werken von Marita Windemuth-Osterloh (links) haben sich neben der Künstlerin ihre Kollegen Annette Kipnowski, Horst Becker und Barbara Hoock aufgestellt. Bis zum 10. März stellen sie gemeinsam im Künstlerforum Bonn aus.

An den Werken von Marita Windemuth-Osterloh (links) haben sich neben der Künstlerin ihre Kollegen Annette Kipnowski, Horst Becker und Barbara Hoock aufgestellt. Bis zum 10. März stellen sie gemeinsam im Künstlerforum Bonn aus.

Foto: Roland Kohls

Am Sonntag feierte die Ausstellung im Künstlerforum Bonn Eröffnung. Zahlreiche Besucher nutzten die Gelegenheit, um sich auf der Vernissage die Fotografien, Skulpturen, Gemälde und Instillationen anzuschauen und mit den Kunstschaffenden ins Gespräch zu kommen.

Insgesamt 13 Künstler hatten sich über zwei Jahre lang mit dem Thema Demenz auseinandergesetzt. Einige von ihnen sind von Demenzfällen in der eigenen Familie betroffen. Ihre unterschiedlichen Erfahrungen spiegeln sich in ihren Werken wider.

"Die meisten Menschen reagieren mit Betroffenheit, wenn sie von Demenz hören", erklärte Bildhauerin Marita Windemuth-Osterloh. "Doch bringt diese Erkrankung auch Seiten mit sich, die einen zum Schmunzeln oder zum Lachen bringen können." Die Bildhauerin weiß, wovon sie spricht. Ihr Ehemann erkrankte kurz nach Beginn ihrer Arbeit zu der Ausstellung an Demenz.

"Es gab eine Situation, da hatte er geleugnet, dass ich seine Frau bin", berichtete Windemuth-Osterloh. Erst nachdem sie ihm das Stammbuch gezeigt hatte, gab er den Widerstand auf. Ihre plastischen Porträts beleuchten die tragische Komik, die im Umgang mit Erkrankten zwangsläufig entsteht und die bei allem verbundenen Schmerz zur Demenz dazu gehört.

Eine Darstellung der verblassenden, aber auch fantastisch assoziativen Erinnerungswelt Demenzkranker bieten die Fotocollagen Barbara Hoocks. Die Malerin bediente sich an Bildern aus dem Album ihrer an Demenz erkrankten Tante. Ihr ganzes Leben lang habe sie ihre Herkunft aus Pommern verleugnet. "Die Erkrankung förderte viele vergrabene Erinnerungen wieder zu Tage und hat so ein Stück weit ihre eigentliche Persönlichkeit gezeigt", sagte Hoock.

Dass er durch einen Krankheitsfall in der Familie unmittelbar mit Demenz konfrontiert wurde, habe seine Arbeit beeinflusst, sagte Horst Becker. Der Bildhauer steuerte Leuchtkästen und eine Kunstinstallation mit dem Titel "Oma ist spazieren" zur Ausstellung bei. Bereits bevor seine Mutter vor zwei Jahren erkrankte, hatte er die Arbeit an der Ausstellung begonnen. Mit der eigenen Erfahrung seien viele Emotionen hinzugekommen, so Becker.

"Als ich selber betroffen war, musste ich mich fragen, kann ich die Ironie, die sich in einigen Werken zeigt, noch beibehalten?" Die Ausstellung zeige viele Aspekte der Demenz, erklärte Annette Kipnowski. Die Malerin, die selbst großformatige Porträts von Erkrankten zur Ausstellung beitrug, initiierte 2009 mit ihrem, mittlerweile verstorbenen Ehemann Jochen Kipnowsi die Ausstellung. "Es war uns dabei aber besonders wichtig, stets die Würde der Betroffenen zu wahren."

Begleitprogramm zur Ausstellung "Reise ins Dunkel"

Bis zum 10. März ist "Reise ins Dunkel" im Künstlerforum Bonn, Hochstadenring 22-24, zu sehen. Geöffnet ist dienstags bis freitags von 15 bis 18 Uhr, samstags von 14 bis 17 Uhr und sonntags von 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Gefördert wurde die Ausstellung vom Kulturamt der Stadt und der Stiftung "Kunst" der Sparkasse KölnBonn. Schirmherrin ist Ex- Bundesministerin Ursula Lehr. Begleitend zur Ausstellung hält Rolf Hirsch, Professor für Gerontopsychiatrie, am Sonntag, 24. Februar, um 11.30 Uhr den Vortrag "Humor trotz(t) Demenz". Am 3. März liest Suzanne Ziellenbach Literarisches zum Thema "Demenz".

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