Lanxess-Arena in Köln Placebo begeistern 12.500 Fans

KÖLN · Placebo feierten in der Kölner Lanxess-Arena mit einem vielumjubelten Konzert gemeinsam mit 12.500 Fans ihren zwanzigsten Geburtstag.

 Placebo-Sänger Brian Molko.

Placebo-Sänger Brian Molko.

Foto: Thomas Brill

Es waren wilde Zeiten in den Anfängen der zwanzigjährigen Karriere. „Uns schien die Sonne aus dem Hintern zu scheinen“, wie es Brian Molko einmal ausdrückte. Er, geschminkt wie eine Frau. Dicker roter Lippenstift, Kajal, Lidschatten. Die Haare lang und schwarz schimmernd. Eine Persönlichkeit „In-Between“, die seine Stilisierung als androgyner Künstler als Befreiung für alle jene verstanden haben wollte, die sich „irgendwie dazwischen“ fühlen. Ein Vorbild gegen die „Teenage Angst“. Mit den Jahren sind die Fans gealtert und Placebo ist von einer alternativen Kultband zum Mainstream geworden. Aber auch heute gilt, mit Placebo steht eine Band auf die Bühne, die „anders“ ist.

Brian Molkos Haare sind kurzgeschorenen. Sein Freund, Gitarrist/Bassist, Stefan Olsdal trägt eine Tolle, die ihm ins Gesicht fällt. Er ist der lässige Lange, der seine tief gehängten Gitarren lässig-lasziv schwenkt. Drummer kamen und gingen. Der letzte, Steve Forrest, soll die Band vor dem Zerbrechen bewahrt haben. Nach fünf Jahren geht es ohne ihn weiter. Seit dem „MTV Unplugged“-Album bedient Matt Lunn das Schlagwerk. Ähnlich dynamisch wie sein Tattoo-übersäter Vorgänger.

Wer Wärme und Nähe bei den Shows der vergangenen Jahre vermisst haben sollte, wurde an diesem Abend für alle Enttäuschung entschädigt. Nach zwanzig Jahren scheinen Placebo einen neuen Gipfelpunkt erreichen zu wollen. Brian ist gelöst, führt für seine Verhältnisse äußerst lange Gespräche mit den Fans. Nach dem zweiten Stück muss er sein schwarzes Jacket ausziehen. „Es ist wirklich heiß hier! Wir feiern unseren zwanzigsten Geburtstag!“ Die Arena stimmt in ein herzliches „Happy Birthday“ ein.

Die Werkschau zweier Jahrzehnte beginnt langsam mit „Pure Morning“. Dann wird es laut – „Loud Like Love“! Die Gitarren von Molko und Olsdal wechseln an diesem Abend wie Bier am Tresen einer gut besuchten Kneipe. Nach einem Viertel des Konzertes beginnt ein langer melancholischer Teil.

Brian kann leiden wie Robert Smith von den Cure. Auch dieser ein Außenseiter. Aber Brians Tristesse ist hedonistisch. Ernüchterung nach der Ausschweifung. Die brüchige Stimme scheint vom Lebensüberdruss gezeichnet. Zu viel gesehen, zu viel erlebt, zu viel zerstört. Dann bricht sie aus, zersplittert wie ein zu Boden geworfenes Glas.

Im Alter von 43 klingt Molko noch markanter, noch dringlicher. Er singt seine Lieder nicht nur, er lebt sie theatralisch aus. Er schwitzt, ist ergriffen. Alle Gefühlslagen werden in gepixelte Schwarz-Weiß-Projektionen vergrößert. Die Tonart ist düsteres Moll, der Sound aber ist kraftvoll und wuchtig. “Supreme-Melancholiker”, die eins nicht taten: „Wir weinten nicht. Wir brachten auch Licht ins Dunkel. Jetzt wollen wir tanzen!“

Die Arena reagiert mit Begeisterung. Angestaute Energie will explodieren. Ironischerweise beginnt der Tanzteil mit einer eher deprimierenden Bestandsaufnahme: „For What It’s Worth“ - „Keinen interessiert es, wenn du auf der Straße bist. … Wofür es auch immer gut ist, komm und lauf mit mir in die aufkommende Flut.“ Realismus kann befreiend wirken. Bei „Special K“ und „The Bitter End“ wird der Lautstärkepegel noch etwas weiter aufgedreht. So packend kann Melancholie sein!

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