Kölner Sommerfestival Philharmonie kann mit "Tanguera" punkten

Köln · Irgendwann zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Im Hafen von Buenos Aires legt ein Schiff an. Die Passagiere sind Einwanderer aus Europa, mit ihnen reist die Hoffnung auf ein besseres Leben auf einem anderen Kontinent. Unter ihnen ist auch Giselle, eine junge Französin.

 Geschichten von Liebe und Tod: Szene aus "Tanguera".

Geschichten von Liebe und Tod: Szene aus "Tanguera".

Foto: Thomas Brill

Als sie Lorenzo, einem Hafenarbeiter, begegnet, trifft sie die Liebe wie ein Blitz. Und ihm geht es ganz genauso. Doch Giselle gerät in die Fänge von Gaudenzio, einem schmierigen Drogenhändler, Nachtclubbesitzer und Zuhälter. Sie muss für ihn tanzen. Und nicht nur das. So beginnt "Tanguera", der zweite Programmpunkt im diesjährigen Sommerfestival der Kölner Philharmonie.

Mit dem Tango-Musical, das direkt aus Buenos Aires kommt, kann die Veranstaltungsreihe punkten. In 75 Minuten (ohne Pause) zeigt "Tanguera" große Gefühle und großen Tanz, dargeboten von einem Ensemble, das mit 30 ebenso virtuosen wie leidenschaftlichen Tänzern aufwarten kann, die allesamt zu Solisten taugen.

Die Bühnenbilder - der Hafen, der Nachtclub oder eine finstere Gasse, in der Messer gezückt werden - sind sehr minimalistisch. Sie kommen mit nur wenigen Requisiten aus, aber Lichtregie, Hauptdarsteller - die zarte Giselle spielt Leticia Fallacara, die Rolle des feurigen Lorenzo übernimmt Esteban Domenichini und Dabel Zanabria brilliert als skrupelloser Gaudencio - und die große Stimme der wunderbaren Marianella, die in ihre Lieder die ganze Sehnsucht des Tango legt, reichen vollkommen aus, um sich in diese tragische Geschichte um Liebe und Tod hineinziehen zu lassen. Den Rest besorgt das Kopfkino.

Eine wahre Augenweide sind die verrucht-raffinierten Kostüme der Tänzerinnen, die, im Wirbel der Schlitze und Fransen, hier und da, Einblicke zulassen, bei denen es trotz Klimatisierung in der Philharmonie plötzlich sehr heiß wird. Zu loben ist auch die detailreiche Regie von Omar Pacheco.

Die einzelnen Szenen gleichen bewegten Bildern, in denen es überall kleine erzählte Vignetten und Geschichten zum Schmunzeln gibt. Fast genauso, als würde man, bequem in der Kölner Philharmonie sitzend, eine Zeitreise unternehmen, um sich in einer der unzähligen Tangobars, in einem der Clubs und Kaschemmen wiederzufinden, die Buenos Aires nach 1900 zu einem der Schmelzpunkte jenes Tanzes machten.

Ein Tanz, der bis heute seine Anziehungskraft auf die Menschen nicht verloren hat, weil er, Schritt für Schritt, Blick für Blick, Geste für Geste, die Begehrlichkeit der Geschlechter zelebriert.

"Tanguera" ist derzeit eine der erfolgreichsten Produktionen weltweit, die das transportiert. Uraufführung war im Jahr 2002 in Buenos Aires - um anschließend in der Hauptstadt des Tango sagenhafte 18 Monate für ein ausverkauftes Haus zu sorgen. Die Akteure und die glühende Choreografie von Tangostar Mora Godoy vermochten schon in Tokio, in Moskau, Hamburg, Berlin, Paris und New York das Publikum restlos zu begeistern.

Nach zwei umjubelten deutschen Gastspielen im Jahr 2008 - damals war das Musical lediglich in Frankfurt und in Köln zu sehen - ist "Tanguera" nun in diesem Sommer in die Domstadt zurückgekehrt. Bei der Premiere am Mittwochabend in der Philharmonie gab es Standing Ovations. Für eine Sozialhistorie des Tango, wie man sie schöner nicht tanzen kann.

26. Kölner Sommerfestival in der Philharmonie, Freitag, 12. Juli, bis Sonntag, 12. August. Tanguera: bis Sonntag, 28. Juli. Shows: Mi. bis Sa. 20 Uhr, Sa. zusätzlich 15 Uhr, So. 15 und 19 Uhr. Karten gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen. Informationen: www.koelnersommerfestival.de

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