Künstlerforum Petra Siering erhält die August-Macke-Medaille

BONN · Spannend soll das Werk sein, nicht wunderschön!" Wann immer sie kann, betont Petra Siering die Härte ihrer Bildhauerei. Und sie vermeidet alles, was in Richtung Lieblichkeit gehen könnte, wenn sie mit Farbwalze und Spachtel über das Papier geht oder die grundierte Holzplatte bearbeitet.

 Petra Siering hinter einem "Pass-Stück" im Künstlerforum.

Petra Siering hinter einem "Pass-Stück" im Künstlerforum.

Foto: Franz Fischer

Sie steuert dabei auf Grate zu, provoziert Brüche. "Ich kenne das Gerät so gut, dass ich weiß, wie ich die Kante herhole", sagt Siering im Künstlerforum, wo sie am morgigen Sonntag mit der renommierten August-Macke-Medaille der Stadt Bonn ausgezeichnet wird.

Ihre Kunst sei kubischer, kantiger, reduzierter geworden, sagt sie und betont nochmals die "harte Kante" - mit dem zauberhaften Lächeln, das eine Künstlerin kennzeichnet, die gleichermaßen mit tonnenschwerem Carrara-Marmor und Beton hantiert wie mit zart hingerollten, halbdurchsichtigen Farbflächen auf Papier.

Die klare Formsprache ist der 1953 in Bonn geborenen Künstlerin ebenso wichtig wie das Moment des Zufalls. Ein kleiner Farbrest auf der Rolle kann Effekte bringen, die man nicht steuern kann. Und wenn Petra Siering im italienischen Carrara im Steinbruch Marmorblöcke und deren "Abfall" sichtet, spielen die zufällige Form, Adern im Stein, eine Verfärbung durch Mineralien eine große Rolle bei der Auswahl. Diese Steine sind Individuen und werden als solche ausgesucht und respektiert.

Der Respekt geht so weit, dass sich Sierings künstlerischer, bildhauerischer Kommentar zum weißen Marmor in Gestalt eines "Pass-Stücks" aus Beton unterordnet. Das "Pass-Stück" folgt gewissermaßen als Negativ der groben Linie des Marmors, ohne ihn nachzubilden. Organischer Stein trifft auf die harte Kante des gegossenen Betonblocks. Ein bildhauerischer Dialog auf hohem Niveau.

Für ihre exzellent präsentierte Ausstellung im Künstlerforum hat Petra Siering rund 50 Werke der vergangenen 20 Jahre zusammengebracht, der Schwerpunkt liegt aber auf neueren Arbeiten. Eine Gruppe von "Pass-Stücken" dominiert die lichte zentrale Halle.

Begleitet werden die tonnenschweren Skulpturen von Zeichnungen, die trotz ihr flüchtigen Farbigkeit und Leichtigkeit bildhauerische Fragen wie Volumen und Schwere, Verdrängung und Räumlichkeit diskutieren. Hier wird die grau-weiße Skala der "Pass-Stücke" gebrochen, um wunderbare Farbakzente erweitert: Helles Gelb flutet die Flächen, gleißendes Orange setzt Signale, andere Bilder arbeiten mit kräftigem Blau, roten Feldern und einem fahlen Weiß-Gelb.

Die konzentrierte, präzise Bildhauerin überzeugt auch als Malerin und Koloristin, die in Serien ihr formales und farbliches Vokabular ausreizt. Damit zählt sie zu den vielseitigsten und spannendsten Kräften der Stadt. Die hat es ihr wiederholt gedankt: 1985 gab es das Kunststipendium, 1989 folgte der Kunstpreis der Stadt Bonn, 1996 kam der Hans-Thuar-Preis. Wenn sie am Sonntag von OB Jürgen Nimptsch die Macke-Medaille bekommt, hat sie alles erreicht, was ein Künstler in Bonn schaffen kann. "Ich müsste umziehen", witzelt sie. Es wäre ein Jammer.

Künstlerforum, Hochstadenring 22; bis 9. Juni. Preisübergabe am 11. Mai, 12 Uhr. Künstlergespräch mit Petra Siering und Peter Lodermeyer am 3. Juni, 19 Uhr

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