32. Bonner Sommerkino Paris im Schlaf

Bonn · Die Internationalen Stummfilmtage im Arkadenhof der Bonner Universität vom 11. bis 21. August zeigen Raritäten.

Ganz Paris schläft. Ganz Paris? Nein. Ein paar Menschen dort oben auf dem Eiffelturm sind dem Experiment des Professors entgangen. Der hat die Stadt in Tiefschlaf versetzt – zu seinem eigenen Vergnügen und dem der Zuschauer. Denn René Clairs, von den Dadaisten und Surrealisten hoch geschätztes, Science-Fiction-Märchen „Paris qui dort“ aus dem Jahr 1924 spielt gekonnt mit den Grundprinzipien des Kinos – mit Bewegung, Geschwindigkeit und Stillstand.

Abgesehen davon, dass das Motiv des Paares auf dem Eiffelturm dem Kurator der Internationalen Internationalen Stummfilmtage, Stefan Drößler, so gut gefallen hat, dass es nun auch auf dem Titel des Programmheftes zu sehen ist. Am 11. August startet die 32. Saison des Bonner Sommerkinos im Arkadenhof der Bonner Universität sowie im LVR-Landesmuseum. Die Stars dieses Sommers? Buster Keaton zum Beispiel, der mit seinen akrobatischen Fähigkeiten noch die gefährlichsten Situationen meistert. Oder Clara Bow als neuer Typ der selbstbewussten Frau in den 1920er Jahren.

Andere haben auf der Leinwand mit den Unwägbarkeiten des Lebens zu kämpfen. Und manchen spielt genau dieses Leben ziemlich übel mit. Gezeigt werden restaurierte und rekonstruierte Fassungen bekannter Klassiker sowie mancher – durch einen späteren Schnitt um ihren Reiz gebrachte – Kunstwerke. „Das schlafende Paris“ zum Beispiel wird in Bonn am 19. August erstmals wieder in seiner ursprünglichen Länge zu sehen sein und bereichert die von René Clair zur Tonfilmzeit hergestellte Kurzversion um zahlreiche bemerkenswerte Details.

Die Internationalen Stummfilmtage
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Der Auftakt des Stummfilmfestivals gebührt Douglas Fairbanks, dem Mitbegründer der United Artists. Er muss sich sogleich in einer Welt bizarrer Figuren und Effekte des Wahnsinns erwehren. „Fairbanks ist verrückt“ (When the Clouds roll by, USA 1919, Regie: Victor Fleming) hat Filmgeschichte geschrieben – auch jenseits des großen Teichs. Die französischen Surrealisten jedenfalls waren entzückt. Ein Beispiel dafür, was die Digitalisierung eines Stummfilms heutzutage leisten kann, bietet am selben Abend „Lily und Teddy am Strand – Lily et Teddy aux bains de Mer“. Der französische Film aus dem Jahr 1917 beeindruckt durch aufwendige Schablonenkolorierung, die ihm den Charme der Postkarten von anno dazumal verleiht.

Wie visionär und innovativ Produzenten und Regisseure, Drehbuchautoren und Tricktechniker der Stummfilmära zu Werke gingen, zeigt am 18. August der „Luftkrieg der Zukunft“ (The Airship Destroyer, GB 1909) von Walter R. Booth, der schon Jahre vor dem Ersten Weltkrieg deutsche Zeppeline über der britischen Insel kreisen ließ. Turbulent und humorvoll geht es am 19. August bei „Zwei Freunde, eine Erfindung und eine Freundin“ (Dva druga, model’ i podruga, USSR 1928) zu, was viele vom russischen Film in der Form nicht unbedingt erwarten würden.

Ungewöhnlich ist auch „Hände hoch! – Hands up!“ (USA 1926). Eine Komödie aus den Zeiten des amerikanischen Bürgerkriegs? Das sieht man in der Tat nicht alle Tage. Aber im Arkadenhof am 20. August. Zeit nehmen sollte man sich diesmal auch für einen „Nichtfilm“ (Notfilm). So jedenfalls heißt die Dokumentation von Ross Lippmann, die am 21. August, um 17 Uhr im LVR-Landesmuseum beginnt und die denkwürdige Zusammenarbeit zwischen dem Dramatiker Samuel Beckett und dem Stummfilmstar Buster Keaton für einen Kurzfilm nachzeichnet. Dabei überrascht dieses minuziös recherchierte „Making Of“ mit hierzulande noch nie gezeigten Aufnahmen von Beckett und Keaton. Zum Saisonfinale 2016 geht der Blick sehnsuchtsvoll gen Himmel. „Zwei Sterne in der Milchstraße“ (Yinhe Shuangxing) heißt das chinesische Melodram aus dem Jahr 1931 über den kometenhaften Aufstieg eines Mädchens von Lande zum landauf, landab gefeierten Filmstar. Nur die Liebe bringt ihr kein Glück. Sie wird tragisch enden.

Info: Programm unter www.foerderverein-filmkultur.de

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