Kölner E-Werk Paolo Nutini überzeugt seine Fans mit neuem Image

KÖLN · Mit seinem nach vorne gekämmten lockigen Wuschelkopf sieht der 27-jährige Paolo Nutini ungewöhnlich jung aus. Offenes Hemd und schwarze Jeans lassen einen Singer-/Songwriter vermuten.

 Selige Hingabe: Paolo Nutini und seine groß besetzte Band.

Selige Hingabe: Paolo Nutini und seine groß besetzte Band.

Foto: Thomas Brill

Nur die achtköpfige Band samt Chorsängerin und zwei Bläsern passt nicht ins Bild. Viel Aufwand, der notwendig ist, denn Nutini - "die Antwort auf James Blunt" - will nach langer Auszeit mit seinem dritten Album "Caustic Love" als ernsthafter Künstler wahrgenommen werden.

Der Vergleich mit James Blunt konnte ihn nie ernsthaft treffen. Aber die Zeit schien reif, das Image des knuddeligen, gutaussehenden Strahlemanns mit Hang zu melancholischer Besinnlichkeit zu beenden. Retro-Soul, R&B, Reggae, leichte Jazz-Ausflüge, eine Prise Rock sollen seine Ausdrucksmöglichkeiten erweitern. Eine Entscheidung, die sicheres Gebiet verlässt, für seine raue Stimme aber wie geschaffen scheint.

Und er meint es ziemlich ernst mit dem Imagewechsel. Die meisten Stücke des Abends stammen von seinem neuen Album. Der Opener "Scream" ist funky, bei "10/10" weht Jamaika-Feeling durch das ausverkaufte E-Werk. "Alloway Groove" vom Debut-Album "These Streets" könnte von Pete Doherty stammen - ohne in die "Ich-scher-mich-um-nichts-Attitüde" zu gleiten.

Nutini muss sich nicht auf der Bühne übergeben und wenn er von der Bühne steigt, weiß man, dass er wieder heil zurück kommt. Bei "Let Me Down Easy" taucht er tief in das Soul-Universum ein. Dafür hat er die Stimme und das Gefühl. Wenn er sich mit geschlossenen Augen am Mikro windet, ist das weniger professionelle Show als Hingabe.

Eine Hingabe, die auch dann funktioniert, wenn er mit Akustik-Gitarre ein besserer Menschen werden will. Wenn Orgel, Chor und Band einsteigen, wird daraus ein hypnotisch schönes Stück. Nutini besitzt Gespür für Nuancen. Ein Cover von The Church ("Recover") eignet er sich als sehr eigenes, sehr dramatisches Stück an. Wohl auch, weil es ihm am Herzen liegt. Jedenfalls versucht er dies in einer längeren Erklärung deutlich zu machen.

Aber sein Schottisch ist so breit und unverständlich, dass man sich fragt, ob er mit sich oder dem Publikum spricht. Sein breiter Akzent scheint wie eine Mauer zwischen ihm und dem Publikum. Bleibt sein Gesang, der auf ganzer Linie überzeugt. Und er weiß Glanzpunkte geschickt zu setzen. Am Ende des Sets treibt er mit großem Soul das Konzert zu einem vorläufigen Höhepunkt. Dramatischer Schlusspunkt aber ist ein alter Hit. "Last Request" singt er nur mit Akustik-Gitarre und zaubert selige Hingabe in die Gesichter seiner nicht nur weiblichen Fans. Irgendwie kann er alles.

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