Istanbul Konservatorium Orchester gastiert mit einer Uraufführung in der Beethovenhalle

BONN · So munter hat man Bonns Oberbürgermeister bei einer Beethovenfest-Begrüßungsrede selten erlebt. Seine Begeisterung galt dem Orchestercampus der Deutschen Welle beim Beethovenfest, dem er im Hinblick auf den soeben vollzogenen Intendantenwechsel bei dem Bonner Sender eine lange Zukunft wünschte: "Auf die nächsten Jahre, Herr Limbourg", wandte er er sich an den Nachfolger von Erik Bettermann.

 Ramiz Malik-Aslanov und das türkische Gastorchester.

Ramiz Malik-Aslanov und das türkische Gastorchester.

Foto: Barbara Frommann

Und Peter Limbourg erwiderte in seiner kurzen, ebenfalls sympathisch launigen Rede: "Die Musik ist die 31. Sprache der Deutschen Welle. Und das soll auch so bleiben." Gut so. Das jüngste Orchester-Gastspiel im Rahmen der produktiven Zusammenarbeit zwischen dem deutschen Auslandssender und dem Festival bestritt am Abend des 3. Oktober das Istanbul University State Conservatory Symphony Orchestra in der Beethovenhalle.

Man hatte das Motto des auf drei Jahre angelegten Türkei-Schwerpunkts "Beethoven ile Bulusma - Begegnung mit Beethoven" sehr ernst genommen und konfrontierten zwei Werke türkischer Komponisten mit Beethovens "Eroica".

Das von der Geigerin Bahar Bircik mit klangsinnlicher Emphase und größter Virtuosität gespielte Violinkonzert des Komponisten Ulvi Cemal Erkin, das unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg entstand, will Folklorismen für die sinfonische Musik fruchtbar machen, ohne von der Süße der Romantik zu lassen, wie man im liedhaft schlichten Adagio hören konnte.

Im Finale präsentierten Solistin und Orchester unter Leitung von Ramiz Malik-Aslanov einen rauschenden Tanz. Zeynep Gedizlioglus "Durak" verbindet mit der "Eroica", dass beide ein Reflex auf politische Ereignisse sind. Während Beethoven einem großen Helden - ursprünglich Napoleon - huldigt, hat die Musik der 1977 in Izmir geborenen und heute in Berlin lebenden Komponistin mit Heldenverehrung freilich nichts zu tun.

Die Klänge beschreiben auf hoch expressive Weise, wie die jüngsten Unruhen in der Türkei auf die Komponistin gewirkt haben. Immer wieder gibt es schneidend scharfe Flageolett-Passagen in den Streichern, heftiges Schlagwerk-Gewitter erklingt, selbst wenn sich die Musik äußerlich beruhigt, bleibt eine Atmosphäre der Bedrohung spürbar.

Das Orchester spielt das alles mit vollem Einsatz, lässt die Seelenunruhe massiv spürbar werden. Eindrucksvoll auch das Bratschensolo, das nach einer Weile von den Posaunen brutal zum Schweigen gebracht wird. In den starken ausdrucksvollen Gesten ihrer Musik spürt man, dass sie eine extrem begabte Schülerin von Wolfgang Rihm ist, die ihm nahe ist, ohne ihm epigonal zu folgen.

Nach der Pause gab's dann Beethovens dritte Sinfonie, die das Orchester mit immenser Leidenschaft spielte. Manche Passagen hätten noch etwas transparenter und schärfer konturiert sein dürfen, aber insgesamt traf man den pathetischen Ton der "Eroica" doch sehr gut, woran besonders die Streicher ihren Anteil hatten. Nach dem begeisterten Applaus in der Beethovenhalle durften sie mit zwei Tänzen von Kara Karayef noch einmal ihre klangliche Pracht entfalten.

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