"Ohne Kirche gibt es auch keine Schule im Ort"

Führung durch Sankt Joseph in Geislar eröffnete die Festwoche zum 100-jährigen Bestehen

Über die Geschichte von Sankt Joseph  informierten sich zahlreiche Bürger beim Tag des offenen Denkmals.

Über die Geschichte von Sankt Joseph informierten sich zahlreiche Bürger beim Tag des offenen Denkmals.

Foto: Malsch

Geislar. (bla) Die Sankt-Joseph-Kirche in Geislar feiert in diesen Tagen ihren 100. Geburtstag. Was lag da näher, als anlässlich des europäischen Tags des offenen Denkmals eine Führung durch das Gotteshaus anzubieten. Mehr als 20 Personen waren am Sonntag gekommen, um mehr über das rote Backstein-Gebäude zu erfahren. Mit der Veranstaltung wurde gleichzeitig die Jubiläumswoche eingeleitet.

Noch immer prägt die Kirche mit ihrem hohen Turm das Bild zwischen Siegebene und Beuel. Doch der Ort musste mehrere Jahre um den Bau der Kirche kämpfen. "Geislar war damals ein gesundes Bauerndorf und mit seinen 800 Einwohnern wesentlich größer als Vilich", erzählte Carl Jakob Bachem vom Denkmal- und Geschichtsverein Haus Mehlem, der gemeinsam mit Volker Engel vom Cassius Forum Bonn die Führung leitete.

Ursprünglich wollten die Geislarer für ihre Kinder nur eine eigene Schule haben. "Die gingen alle nach Vilich zur Schule. An mindestens zwölf Tagen im Jahr war ihnen jedoch durch Hochwasser der Weg versperrt", erzählte Bachem. 1886 kam dann die herbe Enttäuschung. Eine weitere Schule, die eigentlich den Geislarern versprochen war, wurde in Vilich errichtet. Begründung: "Ohne Kirche gibt es auch keine Schule im Ort".

Wild entschlossen nahmen die Geislarer also den Bau der Kapelle in Angriff. 14 000 Mark verschlang die Errichtung, die ganz ohne öffentliche Mittel finanziert wurde. Das Grundstück wurde von einem Bauern gespendet. Zwölf Jahre wurde eher schleppend an dem Kirchbau gearbeitet. Weil die Kirche keinen richtigen Zugang besaß, gab es keine offizielle Genehmigung. Schließlich zogen die Geislarer zwischen 1900 und 1901 das Gebäude dennoch hoch.

Am 15. September 1901 feierte der Ort den Weihetag der Kapelle, die jedoch schnell zu klein wurde. "Die Menschen hier waren sehr kirchentreu. Früher ging noch fast jeder sonntags in die Kirche", erzählte Bachem. 1930 folgte der Anbau des Querschiffs und des 30 Meter hohen Turms.

Der Altarbereich wurde von der Ostseite in den hinteren Teil verlegt. Eine liebenswürdige Anekdote wusste Bachem auch über den ersten Grundstein von 1901 zu berichten. Das Prinzip der römischen Zahlen schien den Geislarern seinerzeit nicht geläufig gewesen zu sein. So unterlief ihnen bei der Zahl 1900 ein Fehler: Anstatt 2000 minus Hundert (MCM) drückten sie die Zahl durch 1500 plus Vierhundert aus (MDCCCC).

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