Gefühlsfieberanfall im Alten Wartesaal in Köln Norah Jones stellte ihr neues Album "Little Broken Hearts" vor

KÖLN · Beim ersten Song scheint noch alles beim Alten: "Good Morning" beschwört einen wehmütigen Abschied, einen Beziehungsrückblick durch Melancholie-Schwaden. Und Norah Jones haucht das Drama so liebesmüde, als sei ihr alle Kraft genommen.

 Trotziger Liebeskummer: Norah Jones im Konzert.

Trotziger Liebeskummer: Norah Jones im Konzert.

Foto: Thomas Brill

Doch schon "Litte Broken Hearts", der Titelsong aus ihrem neuem Album (Erscheinungstag: 27. April) kippt die Stimmung: Da bewaffnen sich die gebrochenen Herzen der Nacht nämlich mit kleinen Messern und suchen Rache.

Ein ganz braves Mädchen darf man wohl nicht mehr sein, wenn man das Plakat aus Russ Meyers Film "Mudhoney" als Cover wählt. In Kölns Altem Wartesaal stellte die Amerikanerin ihr taufrisches Werk, fast ein Konzeptalbum, im Live-Radiokonzert für WDR 2 vor.

Schmerz ist Trumpf, doch in Verzweiflung und Verlassensein mischen sich immer wieder Sarkasmus und Trotz: "Es ist nicht einfach, verliebt zu bleiben, wenn man sich keine Lügen mehr erzählen kann", heißt es da, oder: "Du hast versucht mich zu ersetzen, bist aber nicht weit gekommen." Und schließlich: "Wie fühlt es sich an, der Rausgeschmissene zu sein?"

Schon hier wird der Spieß herumgedreht, doch erst der elfte von zwölf Titeln macht blutigen Ernst: Die trügerisch sanft besungene Rivalin Miriam wird kaltlächelnd umgebracht, wobei Norah Jones gesanglich eher Giftmischerin als Axtmörderin ist. "Es braucht viel, um mich so wahnsinnig zu machen", singt sie denn auch.

Das Album "verdankt" sich einer persönlichen Liebes-Enttäuschung, die leicht zum monotonen Lamento hätte gerinnen können. Doch das mit Brian Burton (Danger Mouse) in Kalifornien produzierte Werk zeichnet eine scharf gezackte Gefühlsfieberkurve.

In Köln wechselt der Star permanent zwischen Fender Rhodes, Gitarre und Klavier, während die Band Jones' Stimme in einem höchst animierenden Fluidum schwimmen lässt. Natürlich hat Ravi Shankars Tochter über aller Wandlungsfähigkeit ihre Markenzeichen nicht vergessen. So zieht sie die Stimme nach wie vor unwiderstehlich aus samtigen Tiefen in fragile Höhen, spannt Jazz-Bögen oder räkelt sich im Blues. So schafft das neue Album den Spagat zwischen Wiedererkennbarkeit und Aufbruch.

Das Konzert wird im WDR-Rockpalast am 21. Mai ab 0.15 Uhr ausgestrahlt.

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