6000 Minuten Beethoven Neue CD-Edition zum Beethoven-Jubiläum 2020

Bonn · Der lettische Dirigent Andris Nelsons stellt seinen mit den Wiener Philharmonikern aufgenommenen Beethoven-Zyklus im Beethoven-Haus vor. Sie wird Teil einer neuen Gesamt-Edition der Werke des Komponisten von der Deutschen Grammophon.

 Musikalisches Quartett (von links): Daniel Hope, Clemens Trautmann, Andris Nelsons und Malte Boecker.

Musikalisches Quartett (von links): Daniel Hope, Clemens Trautmann, Andris Nelsons und Malte Boecker.

Foto: Benjamin Westhoff

Vor genau fünf Jahren war der lettische Dirigent Andris Nelsons zuletzt in offizieller Mission in Bonn. Damals, im September 2014, kam er mit dem City of Birmingham Symphony Orchestra, um beim Beethovenfest die neun Sinfonien Ludwig van Beethovens aufzuführen. Seitdem gab es beim Bonner Festival nie mehr eine solche zyklische Aufführung, auch war die neunte Sinfonie danach nicht mehr live beim Beethovenfest zu erleben. Nelsons selbst aber hat die Lust an solchen Projekten noch lange nicht verloren. Anlass seines neuerlichen Besuchs, der ihn zwischen zwei Auftritten mit dem Leipziger Gewandhausorchester in Köln und Essen nach Bonn führte, war die Neuauflage eines Beethoven-Zyklus mit einem anderen Orchester: den Wiener Philharmonikern.

Im Beethoven-Haus stellte er am Dienstag das Anfang Oktober bei der Deutschen Grammophon (DG) erscheinende CD-Projekt im Gespräch mit dem Label-Präsidenten Clemens Trautmann vor. Live sind sie am 1. März 2020 in Köln mit den Sinfonien Nr. 3 und 8 zu erleben.

Wenn Nelsons erzählt, ist die Leidenschaft und Bewunderung für den Musiker und Menschen Beethoven nicht zu überhören. „Es ist solch eine Tragödie für einen Musiker, wenn er die Fähigkeit zu hören verliert“, sagte er etwa. Beethoven sei jedoch nicht in Depressionen verfallen. Die meisten seiner Sinfonien würden mit einer siegreichen Geste enden, stellte der Dirigent fest: „Ich halte ihn für eine der stärksten Persönlichkeiten in der Musikgeschichte.“ Widerstände, denen sich Künstler in ihrem Leben stellen müssen, interessieren Nelsons. Die entdeckt er etwa auch bei Anton Bruckner, dessen Sinfonien er mit dem Leipziger Gewandhausorchester einspielt, und Schostakowitsch, dem er sich mit seinem zweiten Orchester, dem Boston Symphony, ebenfalls zyklisch widmet.

Der Besuch fand auch vor dem Hintergrund des Jubiläumsjahres 2020 statt. Am Dienstag unterstrichen Trautmann und Beethoven-Haus-Direktor Malte Boecker, der auch künstlerischer Leiter der Jubiläumsgesellschaft BTHVN 2020 ist, ihre enge Zusammenarbeit in Sachen Beethoven. „Das wollen wir fortsetzen“, sagte Trautmann. Mitte November wird eine Gesamtedition der Werke Beethovens bei der DG erscheinen, die seinen Angaben zufolge 6000 Minuten Musik von Beethoven enthalten wird. Unter anderem auch Nelsons' Zyklus. Aber auch bislang ganz unbekannte Klänge. Zum Beispiel ein Fragment für Streichquintett, das als „letzter musikalischer Gedanke Beethovens“ bislang nur in einer von Anton Diabelli gesetzten und verlegten Klavierversion überliefert ist. Daniel Hope, der Geiger und designierte neue Präsident des Beethoven-Hauses, hat die für die originale Besetzung „rückübersetzte“ Version dieses innigen langsamen Satzes mit Kollegen eingespielt und stellte die Aufnahme am Dienstag persönlich vor. Vor dem Hintergrund seiner lebenslangen Beschäftigung mit Beethoven, die mit sieben Jahren begann, als er in London erstmals das Amadeus Quartett hörte, sagt er heute mit 46 Jahren: „Beethoven ist für mich bei weitem der modernste Komponist, den ich kenne.“

Die Beethoven-Edition der Deutschen Grammophon erscheint am 4. November auf CD und Streamiongportalen.

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