Oper Bonn Musiktheater mit Asterix & Co.

Bonn · Ganz Gallien ist von Römern besetzt. Ganz Gallien? ..." Mit diesen unsterblichen Sätzen aus der Asterix-Serie könnte eigentlich auch die jüngste Inszenierung von Vincenzo Bellinis Oper "Norma" in Bonn beginnen.

 Der Intendant und sein Opfer: Miriam Clark und Roland Silbernagl in "Norma".

Der Intendant und sein Opfer: Miriam Clark und Roland Silbernagl in "Norma".

Foto: Thilo Beu

Florian Lutz, der nach "Carmen" das zweite Mal in Bonn inszeniert, lässt im naturalistischen Wald (Bühne: Martin Kekulies) die komplette gallische Dorfgesellschaft aufmarschieren: Asterix und Obelix samt Hinkelstein, Hündchen Idefix und erlegtem Wildschwein, Majestix und Troubadix, der mit einer Schreibfeder eine aus römischen Kriegern bestehende Banda dirigiert. Und natürlich Miraculix, der Druide und Herr über den Zaubertrank.

Die zufällige zeitliche Übereinstimmung des Asterix-Stoffes mit der Geschichte um die Druidenpriesterin rechtfertigt freilich nicht, dass man Norma gleichsam als Asterix-Fortsetzung inszeniert. Dieser Aspekt ist denn auch nur ein Teil einer Inszenierung, die über Strecken tumulthafte Zwischenrufe und Pfiffe provozierte und nach der sich die leidenschaftlichen Gegner mit Buhs ebenso Luft verschafften wie die Befürworter mit lauten Bravo-Rufen.

Lutz interessiert an diesem Opernstoff weniger die politische Konstellation, die ihre Handlung beschreibt als die tragisch-menschliche, die er auf einer ganz anderen Ebene sucht. Es geht ihm um die Sängerin als Star. Denn Norma bedeutet immer auch die Inszenierung einer Diva. Es ist ja kein Zufall, dass ausgerechnet die Primadonna assoluta des 20. Jahrhunderts, Maria Callas, für die Rehabilitierung dieser Belcanto-Oper steht. Noch heute sind echte Opernfans vor einer Aufführung so aufgeregt wie vorm Abitur.

Vor der Ouvertüre zitiert ein von dem Schauspieler Roland Silbernagl gespielter Intendant den Opernchor und Norma-Darstellerin Miriam Clark auf die Bühne und lässt sie vorab in Gala-Robe (Kostüme: Mechthild Feuerstein) schon mal den größten Hit der Oper singen: "Casta Diva". Man ist dank ihrer wunderbaren Stimme den Tränen der Rührung nahe. Mit dieser Produktion und mit dieser Sängerin, brüstet sich der Intendant, werde er die Oper aus dem Klammergriff der Sparpolitik befreien.

Man begreift jedoch schnell, dass hier ganz andere Motive als die selbstlose Rettung der Kultur im Spiel sind: Der Intendant will mit seinem neuen Star Geld machen, Sponsoren bei Laune halten. Dass er immer wieder in die Handlung eingreift, Nummern umstellt, Besetzungen auswechselt, war großen Teilen des Publikums freilich zu viel.

Einer der Geldgeber trägt laut Besetzungszettel den Namen Flavio Briatore (Schrägstrich Pollione) und ist der Geliebte Normas und Vater ihrer beiden Kinder. Die Kinder leben sozusagen in der Garderobe, ihr Spielzimmer ist die Bühne: Sie fahren Bötchen mit einem Konzertflügel, spielen mit einer lebensgroßen Giraffe, die in Asterix' Spielzeug-Wald steht.

Die Kinder sind die Spielbälle in einem Eifersuchtsdrama zwischen der Hohepriesterin des Operngesangs und ihrem öligen Liebhaber (George Oniani), das sich im Verlauf des Stückes zu einer echten Tragödie entwickelt. Das brutale Ende ist ein Schlag in die Magengrube des Zuschauers.

Miriam Clark, gerade auch von der Fachzeitschrift "Opernwelt" zur Nachwuchssängerin des Jahres gekürt, singt die Norma mit einer verzaubernden Musikalität und einer technischen Reife, die das Schwere so leicht erscheinen lässt. Sie ist der Star dieser Aufführung (und nicht nur in Florian Lutz' intelligenter Deutung). Neu in Bonn ist die Mezzosopranistin Nadja Stefanoff, deren Adalgisa ebenfalls beeindruckte.

George Oniani (Pollione) und Ramaz Chikviladze (Oroveso) führten stimmkräftig die Männerriege an, und Daniela Denschlag war eine Luxusbesetzung für die Clotilde. Chor (Einstudierung Sibylle Wagner) und das unter Leitung von Robin Engelen spielende Beethoven Orchester sorgten für die authentische musikalische Begleitung.

Die nächsten Termine: 31.10., 18., 24., 30.11., 8., 20. und 25.12.; Karten in den Zweigstellen des General-Anzeigers und bei bonnticket.de

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