Musical "Tintentod" im Jungen Theater Bonn

Trilogie der Romane von Cornelia Funke komplettiert - Auf dem Spielplatz der Träume

Musical "Tintentod" im Jungen Theater Bonn
Foto: Junges Theater Bonn

Bonn. Es wird noch mal so richtig spannend in der Tintenwelt. Deshalb mag Mo auch nicht aufhören: Die Rolle des edlen Räubers Eichelhäher gefällt ihm zum Leidwesen seiner schwangeren Frau Resa und seiner Tochter Meggie einfach besser als die des braven Buchbinders.

Außerdem wird er dringend gebraucht im vom Dichter Fenoglio erfundenen Reich Ombra, dessen Einwohner unter der Tyrannei des bösen Herrschers Natternkopf leiden. Frieden und Freiheit verlangen auch die Spielleute, die zu Beginn munter die Bühne stürmen und auf ihrer flott installierten mittelalterlichen Vagantenbühne kurz den Stand der Dinge präsentieren. Ein pfiffiger Kunstgriff, der in der klugen, nicht auf vordergründige Effekte schielenden, sondern sorgfältig leichtfüßigen Inszenierung von Andreas Lachnit einen unmittelbaren Einstieg in die fantastische Geschichte erlaubt, die mit "Tintenherz" und "Tintenblut" begann.

Mit der Uraufführung der Musical-Fassungen der beiden Romanbestseller von Cornelia Funke startete das Junge Theater Bonn im Herbst 2006 eine Erfolgsstory, die es quasi unvermeidlich machte, auch den letzten Teil der "Tintentrilogie" auf die Bühne zu bringen. Intendant Moritz Seibert und der junge Schauspieler Timo Rüggeberg haben das komplizierte Geflecht der Handlungsstränge in Funkes 2007 erschienenem Roman "Tintentod" geschickt auf einen theatertauglichen Text reduziert und den Erzählfluss noch beherzter kanalisiert als in den vorhergehenden Stücken.

Mo (hervorragend: der erfahrene Musicaldarsteller Mariano Skroce) muss sich entscheiden zwischen seinen Pflichten als Familienvater und kühnem Heldentum. Was seine tapfere Gattin Resa (perfekt zwischen Gefühl und Verstand: Anja von der Lieth) ihm entschieden deutlich macht: Helden haben meistens weder Frau noch Kinder und sterben früh, sind also eher für die Literatur geschaffen als für die Wirklichkeit.

Wobei die Grenzen fließend sind, was am Ende die zum kecken Teenager gereifte Meggie begreifen muss (bei der von der Rezensentin gesehenen zweiten Premiere die 14-jährige Hannah Winter psychologisch, darstellerisch und sängerisch punktgenau; alternierend mit der aus "Tintenherz" und "Tintenblut" bereits vertrauten Anina Schichterich), die den bezaubernden Fremdling Farid (Adrian Linz /Nassirou Holik) auf seinem eigenen Weg davonziehen lässt.

Die Bühnenmusik und die Songs von Stephan Witt haben Ohrwurm-Qualitäten. Meggies angeknackstes Herz gehört nach einigen Abenteuern bis auf Weiteres dem attraktiven, tüchtigen Kindersoldaten Doria (Merlin Fangel / Carlo Hoffmann), weil gemeinsam überstandene Gefahren zusammenschweißen. Im variablen Bühnenbild von Laurentiu Tuturuga mit gotischen Spitzbögen, ritterlichen Zugbrücken, kettenrasselnden Folterkellern, verdrehten Bücherregalen und dem Schreibpult für die erlösenden Wörter ist Platz für Alb- und Wunschträume und ein "Prosit auf die Prosa".

Was der Schriftsteller Fenoglio (Peter Devo Neumann) angesichts einer temporären Schreibblockade leider etwas zu wörtlich genommen hat. "Die Flasche bleibt hier!", bestimmt unter Genehmigung eines kräftigen Schlucks die alte Tante Elinor (als damenhafte Rambo-Frau für alle Fälle: Giselheid Hoensch), Rolf Bidinger, Nathalie Rénaud-Claus, Jannik Bechonert, Julius Nebling, Rene Wedeward, Sören Ergang, Valerie Joy Simmond gehören weiter zum brillanten Ensemble dieser Inszenierung, die nach den beiden Premieren im T-Mobile-Forum ins Stammhaus an der Beueler Hermannstraße wandert.

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