Interview mit Mathias Richling Multitalent gastiert mit "Deutschland to go" in der Bonner Oper

Mathias Richling kommt morgen in die Bonner Oper. Sein Programm "Deutschland to go" ist die ebenso spielerische wie radikale Auseinandersetzung mit der aktuellen deutschen Wirklichkeit. Der hibbelige Schnellredner holt wieder das gesamte deutsche Polit-Personal auf die Bühne und dreht ihm jedes Wort um, bis die Floskeln purzeln und die Hülsen sichtbar werden.

 Zerreißt mit Vorliebe die deutsche Politik: Mathias Richling.

Zerreißt mit Vorliebe die deutsche Politik: Mathias Richling.

Foto: Rafael Kroetz

Haben Sie für Ihr Programm heute schon die Antenne zum Wildbad Kreuth ausgerichtet?
Mathias Richling: Ach, ist schon was Neues gekommen? In der letzten Stunde hab' ich nicht geguckt. Ich hab' Sie erst mal vorgezogen...

Das gehört sich auch so.
Richling: (lacht). Jetzt gucke ich gerade mal ins Internet. Ach so, Frau Aigner und Herr Seehofer fetzen sich. Das machen die doch, um wieder 'ne Headline zu bekommen. Jetzt sind sie sogar auf Seite eins, vor Schumacher und Frau Merkel ihrem Beckenbruch. Allein mit dem blödsinnigen Satz, es reiche nicht, immer Nein zu sagen. Das wissen wir doch seit Aristoteles. Hervorragende Pressearbeit der CSU.

Und wir haben auch noch darüber gesprochen. So was Dummes. Dreikönigstreffen der FDP, war das ergiebiger für Sie?
Richling: Och, deren verzweifelter Versuch, sich wieder ins Gespräch zu bringen, ist ja reizend. Aber FDP findet auch bei mir gerade nicht statt. Man ist ja dankbar, dass der deutsche Wähler, nachdem er lange Jahre verführbar war, auch eine gewisse Intelligenz in der Wahl entwickelt hat. Nicht wahr? Doch, doch...

Das neue Kabinett, ist das für Sie wenigstens ein gefundenes Fressen?
Richling: Wir räumen ihm ja diese berühmte 100-Tage-Gnadenfrist ein. Und das Besondere ist, dass die 100 Tage verstrichen sind und sie gar nichts getan haben. Da macht man auch nichts falsch. Da sind natürlich ein paar Dinge vereinbart, da sagt man: Gott sei Dank. Man kann aber auch nicht alles kriegen. Man ist ja schon dankbar, dass Herr Raumsauer nicht dabei ist und Herr Friedrich abgestraft wurde. Frau von der Leyen: Vielleicht macht die ja einen wunderbaren Job?

Sie sind Meister der politischen Parodie. Tragen Sie da nicht Trauer, dass ein paar Figuren weggefallen sind?
Richling: Tja, ich denke an Herrn Pofalla. Komisch, dass es immer wieder Gestalten gibt, die aus den Beispielen Gerhard Schröder und Joschka Fischer nichts gelernt haben und nach der Politik weiter lukrative Jobs an sich reißen. Dafür ist doch heute so viel Sensibilität bei der Bevölkerung, da wundert man sich, dass jemand so naiv oder abgefeimt sein kann und sich diese Bahngeschichte unter den Nagel reißt und sein Mandat nicht zurückgibt.

Das heißt: Die deutsche Bevölkerung ist aber schon lernfähig?
Richling: Eindeutig ja. Der Bürger nutzt die Informationen durch das Internet und die Kommunikationsmittel, so dass Großprojekte wie Stuttgart 21 heute nicht mehr so leicht durchgehen wie früher. Die Leute setzen also das, was sie erfahren, auch direkt um. Der Wähler nutzt Demokratie anders als vor 20 Jahren.

Und wo verläuft für Sie die Grenze der Satire?
Richling: Es gibt für mich keine. Satire heißt, dass ich da weiterdenken muss, wo die aufgehört haben, die uns regieren. Satire kann schon geschmacklos sein, weil sie zum Weiterdenken provoziert. Grenzen sind für mich nur große Unglücke oder Todesfälle. Mit dem Tod hört die Feindschaft auf.

Da kriegen Sie aber öfters mal Post vom Anwalt?
Richling: Komischerweise nicht (lacht). Man muss selbst abwägen, wie man den Leuten etwas klar macht. Ich habe nur mal gehört, dass einzelne Bürger für frühere Bundespräsidenten klagen wollten, weil sie meinten, die Parodien auf Herrn Köhler und Herrn Rau beschmutzten diese. Das wurde aber sofort eingestellt.

Der deutsche Politiker muss also schon einiges aushalten?
Richling: Klar, wenn ich mir überlege, was die sich anhören müssen, auch von mir, da muss man schon sehr masochistisch veranlagt sein, wenn man Politiker werden will. Ich weiß nicht, ob ich das aushalten würde.

Sie haben Ihre Magisterarbeit über Karl Valentin geschrieben. Ihr Vorbild?
Richling: Nein, Vorbilder habe ich nie gehabt, weil ich nicht davon beeinflusst sein möchte. Es gibt Figuren, die ich besonders schätze und bei denen ich mich heimisch fühle. Das sind in der Literatur Beckett und Ionesco, das Absurde Theater, da hat übrigens Karl Valentin vieles vorweggenommen. Im ferneren Kollegenkreis sind das die verstorbenen Hanns-Dieter Hüsch und Lore Lorentz, die variabel in ihrer Darstellungskunst waren.

Ganz zum Schluss: Wen parodieren Sie am liebsten?
Richling: Das wechselt. Meinen Ministerpräsidenten hab' ich natürlich in jedem Programm drin...

... Winfried Kretschmann.
Richling: Ja. Den erkennen die Leute schon beim ersten Wort (lacht). Aber ich mag auch Personen wie den ehemaligen Bundespräsidenten Köhler mit seinem leicht verdrucksten Schwäbisch. Oder Helmut Schmidt. Das Geniale an dem ist ja, was er nicht sagt, also die Pausen.

Die sind für Sie Schnellsprecher aber enorm schwierig...
Richling:(lacht). Ja, das sind für mich jedes Mal große Exerzitien. Nächstes Mal am Freitag in der Bonner Oper.

Karten (26,20 bis 32,80 Euro inklusive Gebühr) für Richlings Gastspiel am morgigen Freitag um 20 Uhr in der Bonner Oper, Am Boeselagerhof 1, gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

Zur Person

Der Kabarettist, Buchautor und Schauspieler stand schon während seines Literaturstudiums auf der Bühne. Bundesweit bekannt wurde Richling ab 1989 mit seiner ARD-Satiresendung "Jetzt schlägt's Richling". Weitere TV-Höhepunkte waren seine Auftritte im "Scheibenwischer" und seine Moderation des "Satire Gipfels". Dazu füllt der 60-Jährige die Säle mit seinen politisch immer bissigen Programmen.

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