Modiglianis in Bonn: Echt oder unecht?

Intendant Robert Fleck kann nicht ausschließen, dass in der Bundeskunsthalle gefälschte Gemälde hängen

Modiglianis in Bonn: Echt oder unecht?
Foto: kah

Bonn. Die Vorwürfe, in der Ausstellung des Malers Amadeo Modigliani in der Bundeskunsthalle hingen Fälschungen ( der GA berichtete), haben im Haus hektische Betriebsamkeit ausgelöst: Am Freitag baten Intendant Robert Fleck und der kaufmännische Geschäftsführer Bernhard Spies zur eiligst einberufenen Pressekonferenz.

Sogar die Aufsichtskräfte in der Ausstellung scheinen instruiert zu sein: Auf meinen verhaltenen Kommentar angesichts des zweifelhaften liegenden Akts ("Céline Howard") aus Genfer Privatbesitz gab's vom Personal eine harsche Zurechtweisung.

Mit eher moderateren Tönen stellten sich Fleck und Spies der Presse. Entgegen der Behauptungen der "Süddeutschen Zeitung" (SZ), die in ihrer Freitagsausgabe dem Thema Fälschungen bei Modigliani, insbesondere in der Bundeskunsthalle, eine ganze Seite gewidmet hatte, habe die Staatsanwaltschaft in diesem Fall nie gegen die Bundeskunsthalle ermittelt, noch tue sie es jetzt, sagte Spies.

Weitere Infos Lesen Sie dazu auch " Bilder des italienischen Malers wurden schon zu Lebzeiten kopiert"Auch der Einfluss des dubiosen Modigliani-Nachlassverwalters Christian Parisot sei begrenzt worden. Entgegen seines Wunsches habe er keinen Kuratorenvertrag erhalten, man habe lediglich bis Dezember 2008 mit seinem "Modigliani-Archiv" in Rom zusammengearbeitet - "zu üblichen Konditionen", wie Spies erläuterte.

Parisot sei wichtig gewesen, um Kontakte zu der weit verstreuten Gemeinde der Modigliani-Sammler zu knüpfen. Parisot, dem in der Vergangenheit vorgeworfen wurde, er habe zweifelhafte Modigliani-Werke in Ausstellungen bugsiert - mit lukrativen Ergebnissen für die jeweiligen Leihgeber -, kam, so Spies, nicht zum Zug: "Parisot hatte keinen Einfluss auf die Gestaltung der Bonner Ausstellung."

Auch von anderer Seite sei mit nicht unbeträchtlichem Aufwand versucht worden, Bilder in der Schau unterzubringen um sie auf diese Art zu "adeln", sagt Fleck: "Wir haben im Vorfeld der Ausstellung etwa so viele Leihgaben abgelehnt, wie wir nun zeigen, dadurch wurde die Ausstellung nicht so üppig wie geplant."

Publikumsmagnet Das Publikum scheint sich von Fälschungsgerüchten nicht vom Besuch der Modigliani-Schau abhalten zu lassen.
65 000 Besucher haben die Mitte April eröffnete Ausstellung bereits gesehen, derzeit zieht es täglich 3 000 Besucher in die Schau. Auch das Begleitbuch von Dumont verkauft sich gut (2 000 Exemplare seit April).Der Intendant, der erst Anfang dieses Jahres sein Amt in der Bundeskunsthalle antrat, also als sein Vorgänger Christoph Vitali bereits seine Modigliani-Schau konzipiert hatte, sieht das Thema unverhohlen kritisch: "Jeder, der eine Ausstellung über Modigliani vorbereitet, weiß, dass es mehr Fälschungen als eigenhändige Werke gibt." Und schlimmer noch: "Es gibt nicht den Sachverständigen für Modigliani wie etwa Werner Spies für Max Ernst."

Glaubt man Fleck, war im Haus die Problematik Original und Fälschung bekannt. Jedenfalls fuhr man schon früh zweigleisig: Für die Bundeskunsthalle wurde eine traditionelle Bilderschau organisiert, während kritische Töne zum Thema Fälschung parallel in einer Publikation abgearbeitet wurden, die nicht die Bundeskunsthalle, sondern der Verlag Dumont verantworten muss.

Der brachte das Begleitbuch zur Schau heraus und verpflichtete dafür den Journalisten und Fälschungsexperten Stefan Koldehoff. Koldehoff wiederum schrieb jetzt zusammen mit seiner Kollegin Catrin Lorch den Bundeskunsthallen-Artikel in der SZ.

Die Bundeskunsthalle lagerte die Fälschungs-Kritik aber nicht nur ins Buch aus (das sich bereits 2000-fach verkauft hat), man organisierte außerdem eine Podiumsdiskussion zum Thema im Forum der Bundeskunsthalle.

Laut Christian Gänsike, der für die Pädagogik verantwortlich ist, gehen Führungen detailliert auf die Problematik ein. Zu den konkreten Fälschungs-Vorwürfen - unter anderem wird die Echtheit des "Liegenden Aktes" (Céline Howard) und der "Jungen Frau mit braunem Haar" (Elvira) bezweifelt - will Fleck nichts sagen: "Ich bin bei keinem Bild zu einem abschließenden Urteil gekommen", sagt er, "ich würde nicht wagen zu sagen, welche Arbeiten echt oder unecht sind."

Die Fragen könnte, müsste am ehesten der für die Schau verantwortliche Vitali beantworten. Vitali, der bis Ende der Ausstellung, 30. August, einen Kuratorenvertrag hat, weilt derzeit im Ausland und ist nicht zu erreichen.

Die Möglichkeit, im Sinne der Transparenz, wenigstens öffentlich ein Fragezeichen hinter die problematischen Modiglianis zu setzen, weist Fleck weit von sich - der Intendant fürchtet Regressforderungen der Leihgeber, deren vorgebliche Modiglianis dann nichts mehr wert wären.

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