Merkel-Witze in Morenhoven

SWISTTAL-MORENHOVEN · Mit Jens Neutag und Heinrich Pachl treten zwei scharfzüngige Politik-Kabarettisten in der Krea auf.

Die Gäste des Krea-Theaters mögen es bekanntlich scharf - und kamen bei Jens Neutags Soloprogramm "Schön scharf" im Rahmen der 24. Morenhovener Kabarett-Tage entsprechend auf ihre Kosten. Zwar verschmähten sie die eigens bereitgestellten Peperoni, ließen sich die Spitzen des Kabarettisten über Politik und Gesellschaft als Plädoyer gegen das Mittelmaß aber gerne kredenzen.

Insbesondere gegenüber Politikern ließ Neutag es an eloquenter Schärfe nicht fehlen: Angela Merkel als "Lady Gaga der Uckermark", Christian Wulff als "sprechende Spanplatte", Guido Westerwelle "so beliebt wie Gaddafi in seinen letzten Tagen" - quer durch die Parteien und Funktionen bekamen alle ihr Fett weg.

Die Politik solle sich ein Beispiel am deutschen Fußball nehmen - der habe sich schließlich nach der peinlichen Flaute um 2000 auch zu neuen Höhen aufgeschwungen. Auch die allgemeine "Diktatur der Dummheit und kulturelle Degenerierung", die durch den Konsum von Blasmusik allein nicht mehr zu erklären sei, sowie den übertriebenen Sicherheitswahn der Deutschen, die Nordic Walking neuerdings mit Knieschonern und Helm betreiben, nahm Neutag mit verbalem Biss aufs Korn.

[kein Linktext vorhanden]Parodistisches Talent bewies Neutag in wechselnden Rollen: etwa als kölschender Pirat Jupp Depp aus der Karibik des Rheinlands - Leverkusen - sowie in seiner Zugabe als Marcel Reich-Ranicki, der das Publikum eindringlich warnte vor den "Niederungen" solchen Kabaretts.

Aus der "einstürzendsten Stadt", nämlich Köln, in das "demnächst einstürzende Gebäude" der Alten Schule in Morenhoven zu kommen, das erschien Heinrich Pachl passend. In dem in die Jahre gekommenen Haus, das die Kreativitätsschule beherbergt und das als Veranstaltungsort für die Morenhovener Kabarett-Tage dient, hielt sich der Kabarettist aus Nippes am Samstag aber nicht lange mit Schimmelbefall und Umbauplänen auf. Er startete schnell seinen Angriff auf die Themen der "Stunde Null" und all die Politiker, die diese Stunde für Atomkraft, Rechtsterrorismus und Euro gekommen sehen.

"Merkelwitze werden ganz schnell frauenfeindlich - und das liegt nicht an den Witzen", stellte er fest. An Scherzen über die Bundeskanzlerin sparte er dennoch nicht. "Die Physikerin Merkel geht an Politik heran wie an ein Forschungsprojekt: Wenn's einmal kracht, heißt das gar nichts." Auch Philipp Rösler ("Ein Weihnachtsgeschenk, wo nichts drin ist") blieb nicht verschont. Über griechische Volksbefragungen, das Primat des Politischen und die politischen Primaten wusste der Kabarettist genauso zu lästern wie über das Bankensystem, das er auch zu erklären versuchte. Geld abgeben sei ein psychischer Kraftakt: "Man muss loslassen können." Aus Banker und Gangster mixte Pachl "Bankster" nachdem er dargelegt hatte, warum Banken einander nicht mehr vertrauen: "Wie kann ich als Bank einer Bank vertrauen, die einer Bank wie mir vertraut?"

Er sammle Rücktritte, verriet er dem Publikum. Allerdings seien die meisten allzu kurze Ereignisse, wie die von Lafontaine, Brandt und Engholm. Besonders lobte er deshalb Karl-Theodor zu Guttenberg, der seinen Rücktritt schön in die Länge gezogen habe. Dass er das tödliche Ende der politischen Karrieren von Jürgen Möllemann und Uwe Barschel als "Rücktritt direkt ins Jenseits" bezeichnete, machte mal wieder deutlich: Brave Töne sind nicht Pachls Ding.

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