Menschliche Zuwendung mit Hilfe der Musik

Hochqualifizierte junge Musiker stellen sich dem Verein "Live Music Now" für drei Jahre zur Verfügung - Konzerte im Bonner "Lighthouse" und in der Bad Godesberger Gutenbergschule

Bad Godesberg. "Gerne Blasinstrumente, aber keine blechern klingenden", wünschte sich eine Schule für Hörgeschädigte. Für Marlis Gräfin Bassewitz, Musikvorstand beim Verein "Live Music Now Köln e.V.", kein Problem: "Ich schicke denen jetzt eine Harfe und eine Querflöte." Die aparte Klangfarbenkombination dürfte genau das Richtige sein für Menschen, die an Gehördefekten leiden.

Die Wachtbergerin engagiert sich ehrenamtlich bei dem Verein, der junge, hochqualifizierte Musiker zu Konzerten in Krankenhäuser, Behindertenheime und andere soziale Einrichtungen schickt. Ihre Aufgabe ist es, die richtigen Musiker für die jeweilige Einrichtung zu finden.

Fingerspitzengefühl ist gefragt, denn die Konzerte finden immer unter außergewöhnlichen Bedingungen statt: im Gefängnis vor lebenslang Inhaftierten, im Heim für Behinderte vor psychisch oder geistig schwerst geschädigten Menschen, im Betreuungsheim vor Menschen, die im Bewusstsein des nahen Todes leben, in einer Schule für Erziehungshilfe vor aggressiven und unkonzentrierten Kindern und Jugendlichen. Warum diese Konzerte? Gräfin Bassewitz zitiert den großen Geiger Yehudi Menuhin, der "Live Music Now" 1977 ins Leben rief: "Musik heilt, Musik tröstet."

"Was unser Verein macht, ist letztlich Zuwendung mit Hilfe der Musik. Menschen, die am Rand der Gesellschaft stehen, fühlen sich auf einmal wieder aufgewertet." Von "bewegenden Situationen" weiß sie zu berichten. Beim Bonner Verein "Lighthouse" organisierte sie ein Konzert mit einem Akkordeonspieler. "Lighthouse" betreut Menschen, die ihren sicheren Tod vor Augen haben wie Aids-Kranke oder schwer krebskranke Menschen.

Das Konzert fand in der Küche der Einrichtung statt, etwa 20 Menschen, von denen die Gesellschaft sonst keinerlei Notiz mehr nimmt, lauschten den Klängen des Akkordeons. "Irgendwann", so Gräfin Bassewitz, "fing ein älterer Mann plötzlich an zu tanzen."

In der Gutenbergschule in Bad Godesberg, einer Schule für Erziehungshilfe, traten ein Fagottist und eine Klarinettistin auf. Der Fagottspieler, ein humorvoller junger Mann aus Österreich, spielte viel aus dem Stegreif und gab sogar sein wertvolles Instrument herum - "und nichts ist passiert", staunt Gräfin Bassewitz noch heute.

Auf einen "Pool" von rund 50 jungen Musiker kann Gräfin Bassewitz zurückgreifen, vom Kontrabass-Solisten über eine Sopranistin bis zum Streichquartett - Studenten der Musikhochschulen Köln, Düsseldorf und Essen, die sich für drei Jahre zur Verfügung stellen. Ausgewählt werden sie von einer Jury unter Vorsitz von Ida Bieler, einer geschätzten Violinprofessorin. Die nicht gerade üppigen Honorare - 150 bis 200 Euro pro Musiker und Konzert - zahlt der Verein aus einem Spendentopf.

Nicht nur Können ist gefragt, sondern auch Ausstrahlung. "Die Musiker müssen eine Brücke zu den schwierigen Patienten schlagen", so Gräfin Bassewitz. Das gelingt nicht jedem. Wer der Belastung, vor geistig Behinderten zu spielen, nicht gewachsen ist, "den schicke ich lieber in ein Seniorenheim."

1992 ist die "Live Music Now"-Bewegung nach Deutschland gelangt, der Verein mit Sitz in Köln existiert seit Ende 2001. Er organisiert Konzerte im Raum Aachen, Köln und Bonn. "In Bonn würden wir gerne noch mehr machen", so Gräfin Bassewitz. Spendengelder und Sponsoren sind also hochwillkommen.

Kontakt: Marlis Gräfin Bassewitz, Auf dem Rosenberg 20 a, 53 343 Wachtberg, Rufnummer (02 28) 32 62 39.

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