Bonner wird mit Echo ausgezeichnet Mehr Raum für Jazz

BONN · Für seine jüngste Plattenveröffentlichung "Just Here, Just Now", die bei seinem eigenen Label Ear Treat Music (Edel) erschien, erhält der in Bonn geborene und aufgewachsene Jazz-Trompeter Nils Wülker am 23. Mai in Hamburg den Jazz-Echo (das NDR-Fernsehen sendet am 25. Mai, 23.20 Uhr, eine Aufzeichnung). Mit dem Musiker sprach Bernhard Hartmann.

 Ideensammler: Der Jazztrompeter Nils Wülker.

Ideensammler: Der Jazztrompeter Nils Wülker.

Foto: KJ

Erst einmal: Herzlichen Glückwunsch zum Jazz-Echo. Welche Bedeutung hat der Preis für Sie?

Nils Wülker: Ich freue mich riesig. Der Echo wird zwar punktuell für ein einzelnes Album vergeben, aber ich begreife es schon auch als Anerkennung für einen kontinuierlichen längeren Weg.

Wie würden Sie das neue Album im Vergleich zu früheren beschreiben?

Wülker: Die neue CD ist nochmal reduzierter, noch mehr auf den Punkt. Das Album zuvor "6" war relativ rockig. Ich wollte einfach wieder mehr Raum schaffen für Atmosphären und für den Klang meines Instruments und für Melodien. Durch die Reduzierung kann es aber auch wieder vielfältiger sein. Ich habe gemerkt, dass ich Melodien anders erfinde, wenn ich sie nicht für zwei Stimmen schreibe, sondern einstimmig für mein Instrument.

Sie waren erst im März wieder einmal in Bonn zu einem Konzert in der Harmonie. Ist es für Sie etwas Besonderes, hier zu spielen?

Wülker: Auf jeden Fall! Für mich gibt es mittlerweile zwei Orte für Heimspiele: Hamburg, wo ich jetzt lebe, und Bonn. Ich freue mich immer riesig darauf, es war ausverkauft und ein wirklich schöner Abend. Man sieht bei dieser Gelegenheit ja doch immer viel mehr bekannte Gesichter als bei Konzerten in anderen Städten. Das macht schon sehr viel Spaß.

Der schwarze amerikanische Jazz-Trompeter Nicholas Payton hat in jüngster Zeit eine heftige Diskussion ausgelöst. Er möchte das Wort Jazz gern durch den Begriff BAM für Black American Music ersetzt sehen. Was halten Sie von solchen Diskussionen?

Wülker: Diese Diskussion spiegelt meine eigene Lebenswirklichkeit natürlich nicht wider. Bei Leuten wie Nicholas Payton ist das immer mehr eine soziologische Diskussion als eine musikalische. Für ihn hat der Begriff Jazz im Zusammenhang mit der afroamerikanischen Geschichte dieser Musik immer einen schlechten Beigeschmack. Für mich hat sich der Begriff davon aber schon lange emanzipiert. Der Jazz hat seine Ursprünge in den afroamerikanischen Kulturen. Aber mittlerweile ist Jazz doch ein Überbegriff geworden für so vieles, was auf der ganzen Welt stattfindet. Das würde Paytons Begriff BAM sicher auch nicht besser treffen. Sein Vorschlag wird ja in der afroamerikanischen Szene kontrovers diskutiert. Es gibt viele Musiker wie den Saxofonisten Joshua Redman, die das nicht so sehen.

Was sind denn Ihre nächsten Ziele?

Wülker: Ich habe keinen Masterplan. Ich mache immer ein Album, und da fließt dann alles hinein. Jetzt sind wir seit gut einem halben Jahr mit dem neuen Album live unterwegs. Und das fühlt sich immer noch frisch an. Aber irgendwann in den nächsten Monaten, da bin ich ziemlich sicher, springt im Hinterkopf wieder der Ideenmotor an.

Dauert es aus Ihrer Erfahrung heraus lange, bis aus dieser ersten Motorzündung die nächste Platte entsteht?

Wülker: Bei mir kommen erst einmal immer die Ideen, die ich noch gar nicht ausarbeite. Ich sammle sie, ohne mir darüber klar zu sein, was aus ihnen werden könnte. Wenn ich merke, dass da ein roter Faden sichtbar zu werden beginnt, fange ich an, Stücke auszuarbeiten. Oft schreibe ich in dieser Phase an mehreren parallel. Dann nimmt das Fahrt auf. Ich bin niemand, der ein Jahr lang an einem Album herumbastelt.

Sie waren der erste deutsche Jazz-Musiker, der bei Sony einen Exklusiv-Vertrag unterschrieben hat. Mittlerweile veröffentlichen Sie auf Ihrem eigenen Label. Welche Vorzüge hat das?

Wülker: Ich kann mich am besten entfalten, wenn ich mir keine Sorgen machen muss, wie mit meiner Musik umgegangen wird. Deshalb war mir das eigene Label wichtig. Ich habe jetzt nicht nur die Freiheit zu entscheiden, was ich mache, sondern auch wann ich es tue. Für mich ist ein Album auch immer ein Kind eines bestimmten Zeitpunkts. Dann will ich auch, dass es veröffentlicht wird.

Die Moderation der Echo-Gala übernimmt Till Brönner, wie Sie aus Bonn stammend. Werden Sie den Echo aus seiner Hand empfangen?

Wülker: Das weiß ich noch gar nicht.

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