"Der Reiz des Fremden" Matthias Kirschnereit überzeugt bei den Brühler Schlosskonzerten

Matthias Kirschnereit ist dem Empfindungsreichtum, dem Atem und damit überhaupt den menschlichen Zügen der Musik auf der Spur, ist in seiner Portrait Vita zu lesen. Davon konnten sich die Zuhörer der Brühler Schlosskonzerte an zwei Abenden im Treppenhaus des Schlosses Augustusburg überzeugen, an denen der Pianist mit seinem Programm "Der Reiz des Fremden" begeistert gefeiert wurde.

Kirschnereit selbst hat fünf Jahre seiner Jugend in Namibia gelebt, bevor er entschied mit 14 Jahren alleine nach Deutschland zurückzukehren, um den Traum einer Pianistenkarriere zu verwirklichen. Mit Franz Schubert eröffnete und schloss Kirschnereit das offizielle Programm.

Teile der "Ungarischen Melodie" h-Moll (D 817) soll Schubert bei einem Aufenthalt beim Grafen Esterházy gehört und verarbeitet haben, die Kirschnereit mit schlichter Eleganz vortrug. An den Hall des Treppenhauses musste man sich da noch ein wenig gewöhnen. Den "Reflets dans l'eau" (Spiegelungen im Wasser) aus Claude Debussys "Premier Livre" kam die Akustik wunderbar zugute und mit makelloser Technik brachte Kirschnereit auch den "Mouvement" zum Glitzern.

Analytisch, aber letztendlich intuitiv sei sein Zugang, so Kirschnereit. Dem "Lied ohne Worte" B-Dur op. 67 Nr. 3 "Andante tranquillo" von Felix Mendelssohn Bartholdy spielte er mit tiefer Empfindsamkeit und die "17 Variations sérieuses" verfehlten bei dem virtuosen Zugriff ihre Sogwirkung nicht. Selbst dem "Türkischen Marsch" aus Mozarts Sonate KV 331 verlieh Kirschnereit durch raffinierte zeitliche Verzögerungen, die aber nicht aufgesetzt wirkten, sondern sich natürlich in den musikalischen Fluss integrierten, ungehörte Spannung und neuen Flair.

Nach Schuberts Sonate a-Moll (D 845) entzückte Kirschnereit, dem Star-Allüren vollkommen fremd zu sein scheinen, noch mit drei Zugaben: Chopins Nocturne cis-Moll, einem Prelude von Rachmaninow und dem "Abegg"-Walzer von Brahms. Standing Ovations.

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