Blinder Organist Matthias Gampe hat eine Messe für "seinen" Pius-Chor komponiert

KREISSTADT · Eine Uraufführung erleben die Besucher des Hochamts am Ersten Weihnachtstag um 11 Uhr in der Sankt-Pius-Kirche in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Erstmals erklingen wird dort eine neue Messkomposition von Matthias Gampe.

 Bei der Arbeit: Matthias Gampe an der Orgel der Rosenkranzkirche.

Bei der Arbeit: Matthias Gampe an der Orgel der Rosenkranzkirche.

Foto: Gausmann

Der in Magdeburg geborene und in Brandenburg aufgewachsene Orgelspieler ist seit 2005 Kirchenmusiker an der Rosenkranzkirche und in Sankt Pius in der Kreisstadt. Dort leitet er beide Kirchenchöre und spielt die Orgel. Zudem bringt er sich bei vielen Gelegenheiten mit seiner musikalischen Begabung in das Gemeindeleben ein.

"Neben kleinen Sachen" hat er bereits als Student in Berlin 2001 einmal eine Messe komponiert. "Allerdings im alten Stil, noch vor Bach, ohne Credo", erklärt der 36-Jährige, der von Geburt an blind ist, was ihn aber nie davon abgehalten hat, seinen Traum, Musiker zu werden, umzusetzen. Schließlich lernte er schon als Siebenjähriger die Blindennotenschrift, und mit Hilfe einer Schreibmaschine, die diese tippen kann, sowie des Computers, komponiert er.

Die Idee zu der aktuellen Messe habe er 2011 gehabt, als er "seinen" Chor ein nicht für Chor komponiertes Benedictus habe singen lassen und etwas machen wollte, das für den Chor gut aufführbar sei. Bereits im Sommer 2012 hat er deshalb mit seiner eigenen Komposition begonnen, sich aber "zu lange am Kyrie aufgehalten". Deshalb wurde sie im vergangenen Jahr auch nicht ganz fertig. Dieses Jahr in den Sommerferien hat er es dann geschafft. Seit August probt er mit dem Kirchenchor von Sankt Pius. Eigens zusammengestellt hat er für diesen Anlass ein kleines Streichorchester, die Orgel wird der Komponist selber spielen.

Die jetzt vorgelegte Messe hat er im spätromantischen Stil verfasst, weil für ihn in der romantischen Musik "so viel Spannung und Bewegung drin ist und die Harmonien so interessant sind". Sie reiht sich in die Tradition der Pastoralmessen ein, in der schon die romantischen Komponisten Karl Kempter und Ignaz Reimann ihre Weihnachtsmessen komponierten. Vorher schrieben bereits Händel, Corelli und Bach bekannte instrumentale Weihnachtspastoralen. Im Falle der neuen Messe bedeutet das, dass im "Kyrie" und am Schluss des "Agnus Dei" ein wiegender 6/8-Rhythmus auftaucht, der an Hirtenmusik erinnert. Der musikalische Schwerpunkt in Gampes Werk liegt indes auf dem ausführlicher komponierten Gloria, das die weihnachtliche Botschaft der Engel mit dem "Gloria in excelsis deo" aufnimmt. In diesem Zusammenhang wird das "Gloria" aus dem französischen Weihnachtslied "Engel auf den Feldern" zitiert.

Das "qui tollis peccata mundi" ("du nimmst hinweg die Sünde der Welt") ist von Teilen aus dem Lied "Vom Himmel hoch da komm ich her" überlagert. Es soll so die weihnachtliche Botschaft von der Menschwerdung Gottes als Licht der Welt unterstreichen. Das Sanctus beginnt nach Angaben von Gampe und Pastor Peter Dörrenbächer andächtig und feierlich und steigert sich dann bis zum Jubelruf "Hosanna in Excelsis" ("Hosanna in der Höhe"). Das kürzere Benedictus sei hingegen eher lyrisch-gesanglich gehalten. Der Beginn des "Agnus Dei" sei bewusst in einer dunkleren Klangfarbe gehalten. Im Kontrast dazu stehe das helle "Dona nobis Pacem" ("Gib uns Frieden"), das das musikalische Material des Kyries aufgreift und so der Messe einen Rahmen gibt.

Von Anfang an habe er gute Resonanz auf seine Komposition erhalten. "Auch wenn ein Chormitglied meinte: Da hast du uns aber ein paar schöne Gurken reinkomponiert", erzählt er schmunzelnd. Manche Tonfolge sei eben nicht gleich ins Ohr gegangen. Dennoch sei er zuversichtlich und freue sich auf die Aufführung seiner Messe. Darauf einstimmen wird der Kirchenchor Sankt Pius ab etwa zehn Minuten vor Beginn des Gottesdienstes mit weihnachtlichen Liedern und Chorälen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Jeder zweite Krebs ist heilbar
50 Jahre Deutsche Krebshilfe Jeder zweite Krebs ist heilbar
Zum Thema
Aus dem Ressort