GA-Interview Markus Stromiedel: "Ich mag Welten, die unheimlich sind"

Bonn · Der Bonner Autor Markus Stromiedel hat sein erstes Jugendbuch geschrieben. Es heißt "Der Torwächter" und steht bei insgesamt neun Leseterminen beim Lesefest Käpt'n Book auf dem Programm. Das Programm läuft noch bis zum 11. November in Bonn und der Region. Stromiedel schreibt auch Drehbücher und hat die Figur des Kieler Tatort-Kommissars Klaus Borowski geschaffen. Mit ihm sprach Meike Schmidt.

 Markus Stromiedel.

Markus Stromiedel.

Foto: Dressler Verlag/Jörg Schwallenberg

Sie haben gerade Ihre ersten Lesungen im Zuge von Käpt'n Book hinter sich. Wie ist es gelaufen?

Markus Stromiedel: Gut! Der Leseort im Gewölbekeller der Parkbuchhandlung war urig, die Begrüßung freundlich, und dann waren die Kinder aufmerksam und sind mit der Geschichte mitgegangen - was will man als Autor mehr? Besonders gut haben mir die Fragen der Kinder nach der Lesung gefallen. Das hat die Begegnungen auch für mich sehr interessant gemacht.

Wie finden Sie es, so ein direktes Feedback zu Ihrer Arbeit zu bekommen?

Stromiedel: Sehr anregend. Ich merke direkt beim Vorlesen, ob der Text funktioniert oder nicht. Wenn es an einer spannenden Stelle im Raum ganz still wird und alle gebannt zuhören, finde ich das sehr beglückend.

"Der Torwächter" ist ihr erstes Jugendbuch. Wie sind Sie auf die Idee zu dem Buch gekommen?

Stromiedel: Mich hat schon als Kind der Gedanke fasziniert, eine Tür aufzumachen und in einer ganz anderen Welt zu landen. Ich muss dazu sagen, dass ich neben Abenteuerromanen und den Klassikern der Jugendbuchliteratur damals sehr viel Science Fiction gelesen habe. Besonders der Schriftsteller Herbert W. Franke hat mich als Jugendlicher beeinflusst. Er schrieb viel über den Aufbruch in neue, auch virtuelle Welten. Im "Torwächter" fließen viele dieser Einflüsse zusammen.

Die Welten, die Sie in Ihrem Roman erschaffen, sind aber nicht unbedingt heitere Welten.

Stromiedel: Ich mag Welten, die spannend und unheimlich sind. Denn eine unwirtliche Welt bedeutet eine große Herausforderung für die Helden einer Geschichte. Dort kann ich von Jugendlichen erzählen, die mit Mut und Zuversicht durch ihr Leben gehen. Das ist, wenn Sie so wollen, eine Art Übertragung, denn meine Hauptzielgruppe, die zwölfjährigen pubertierenden Jungen, haben es ebenfalls in ihrem Leben nicht leicht. Es passiert viel Neues, Konflikte tauchen auf und Mädchen werden auf einmal rätselhaft. Ihnen biete ich die Möglichkeit, mit einem Helden mitgehen zu können, der fast so ist wie sie. Das soll ihnen Mut machen. Das Synonym mit der Pubertät ist aber die Meta-Ebene für Literaturwissenschaftler - die Jungs sollen in dem Buch einfach eine spannende Geschichte sehen.

Warum haben Sie sich genau diese Zielgruppe ausgesucht?

Stromiedel: Ich wollte ein Buch für Jungen schreiben, weil es für sie im Moment nur wenig Angebote auf dem Buchmarkt gibt. In dieser Altersgruppe ist die Auswahl für Mädchen wesentlich größer. Außerdem hätte ich schlicht und ein fach solche Geschichten früher auch gerne gelesen. Was mich in dem Zusammenhang freut, ist, dass Mädchen das Buch genauso mögen. Die Schülerinnen der Gertrud-Bäumer-Realschule aus Bad Godesberg haben sich die Lesung mit mir ausgesucht, weil ihnen die Geschichte so gut gefallen hat.

Was muss ein gutes Jugendbuch haben, damit es die Leser packt?

Stromiedel: Wenn ich das Rezept hätte, würde ich Seminare dazu anbieten und reich werden! Es gibt kein Geheimrezept. Ich kann nur schreiben, was mir selbst gefällt, und das sind spannende Abenteuergeschichten, in denen sich ein Held durch Schwierigkeiten, Rätsel und Geheimnisse kämpft. Wenn dann noch Werte transportiert werden wie Freundschaft und Vertrauen wird ein Jugendbuch in meinen Augen richtig rund.

Sie haben als Drehbuchautor für Krimis und Fernsehfilme angefangen. Wie sind Sie dazu gekommen, Romane zu verfassen?

Stromiedel: Als Drehbuchautor hat es mich gestört, so eingeschränkt zu sein. Es gibt im deutschen Fernsehen Liebesfilme, Komödien und natürlich jede Menge Krimis, ich habe ja selber genug geschrieben. Ich wollte jedoch unbedingt auch einmal einen politischen Thriller schreiben, aber damit bin ich nie bei den Verantwortlichen durchgekommen. Da hieß es immer, dass Politik nicht funktioniert. Okay, habe ich gesagt, dann schreibe ich meinen Thriller eben als Buch. Der Droemer-Verlag hat sofort zugesagt, und so ist mein erster Roman "Zwillingsspiel" erschienen. Zum Glück ist er erfolgreich gewesen, deshalb darf ich weiter Romane schreiben ...

Der Name des Drehbuchautors ist den Zuschauern meistens unbekannt. Wie ist es für Sie, ihr eigenes Buch auch präsentieren zu können?

Stromiedel: Ich lese gern aus meinen Büchern vor. Diesen direkten Kontakt habe ich als Drehbuchautor nicht, ich setze mich ja nicht bei den Zuschauern ins Wohnzimmer. Darüber hinaus ist es schön, Anerkennung für seine Arbeit zu bekommen. An einem guten Drehbuch arbeite ich rund ein halbes Jahr, manchmal auch länger, und am Ende bekommt oftmals der Regisseur die Lorbeeren für die tolle Geschichte, die er erzählt. So ist der Job, klar, aber manchmal ist das frustrierend.

Können Sie als Buchautor besser eigene Ideen verwirklichen?

Stromiedel: Als Buchautor stehen mir alle Möglichkeiten offen. Drehbuchschreiben ist spannend, ich liebe das sehr und schreibe ja auch immer noch Drehbücher. Aber man ist schon sehr festgelegt auf Themen und Genres. Als Buchautor gibt es da keine Schranken. Und das koste ich in meinen Büchern voll aus!

Zur Person:
Nach einem Volontariat bei der Nordsee-Zeitung in Bremerhaven und mehreren Stationen bei Zeitungen, Hörfunk und Fernsehen wechselte Markus Stromiedel Mitte der 90er Jahre in die Filmbranche. Er arbeitete als Autor und Chefdramaturg. Seit 1999 ist der 48-Jährige freier Drehbuchautor, besonders für Krimiserien, unter anderem "Tatort", "Der Staatsanwalt" und "Ein starkes Team". Auch die Figur des Kieler Tatort-Kommissars Klaus Borowski, gespielt von Axel Milberg, stammt aus seiner Feder. Sein erster Roman "Zwillingsspiel" erschien 2008, zwei weitere folgten: "Feuertaufe" (2010) und "Die Kuppel" (2012). "Der Torwächter" (2012) ist sein erstes Jugendbuch und bildet den Auftakt zu einer Reihe mit dem 13-jährigen Protagonisten Simon. Stromiedel lebt seit über zehn Jahren mit seiner Familie in Bonn.

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