Beethoven Orchester Bonn Mantra der Tat

Bonn · Volles Haus und ein begeistertes Publikum in der Beethovenhalle bei „BOB goes India“ mit Anoushka Shankar, Stefan Blunier und dem Beethoven Orchester.

 Anoushka Shankar spielt mit dem Beethoven Orchester ein Sitar-Konzert von Ravi Shankar.

Anoushka Shankar spielt mit dem Beethoven Orchester ein Sitar-Konzert von Ravi Shankar.

Foto: VON HAGEN

Der furiose Start des Beethoven Orchesters beim ausverkauften Konzert am Samstagabend mit dem „Mantra der Tat“ machte schon sehr neugierig darauf, wie denn die komplette Oper „Avatara“ des britischen Komponisten John Foulds wohl geklungen hätte, wenn er sie denn zu Ende gebracht hätte. Doch die insgesamt drei orchestralen Zwischenspiele sind bedauerlicherweise alles, was aus elf Jahren Arbeit an dem Bühnenwerk übrig geblieben ist. Es heißt, der 1880 in Manchester geborene und 1939 in Kalkutta an der Cholera gestorbene Musiker habe sie möglicherweise sogar selbst vernichtet. Die visionäre Kraft dieser Musik, die klangliche Aufbruchstimmung dieses „Action-Mantras“ waren jedenfalls ein perfekter Auftakt für den „BOB goes India“-Abend, zu dem mehr als 1500 Zuhörer in die ausverkaufte Beethovenhalle gekommen waren. Vielleicht lässt das Beethoven Orchester der deutschen Erstaufführung des ersten Teils ja eines Tages noch die beiden weiteren „Mantras“ folgen.

Ebenfalls zum ersten Mal in Deutschland: der Raga I des Komponisten Wim Henderickx. Der 53-jährige Belgier stellt in dem zweiteiligen Werk für Schlagzeug und Orchester weniger eine Imitation indischer Musik vor, sondern entlehnt bei ihr einige kompositorische Bausteine. Die mit einem hellen Glöckchenklang beginnende Filigranarbeit des ersten Satzes wurde von Orchester und dem auch die Pauke klangsensibel bedienenden Solisten Gert François sehr subtil herausgearbeitet. Um so schärfer geriet der Kontrast zum zweiten Teil, bei dem François das Orchester mit kraftvollem Percussionspiel regelrecht mitriss. Der Applaus galt neben den Ausführenden auch dem Komponisten, der zur Aufführung nach Bonn gekommen war.

Auch sein Landsmann Arnould Massart war aus Belgien angereist. Von ihm gab es mit „Best of Bollywood“ eine Zusammenstellung und Bearbeitung von Filmmusik aus der Herz-Schmerz-Traumfabrik des Subkontinents. „Ich glaube, in Deutschland nennt man das einen Eintopf“, sagte er in einem kurzen Gespräch mit der aus Bonn stammenden früheren Viva-Moderatorin Shirin Valentine, die den Abend moderierte. Eine sympathisch selbstironische Charakterisierung eines Werkes überaus originellen Charakters, das durch Stefan Blunier und seine Musiker ordentlich Schwung erhielt.

Die größte Nähe zur klassischen indischen Musik wies freilich das Konzert für Sitar und Orchester Nr. 2 („Raga Mala – A Garland of Ragas“) von Ravi Shankar auf, was Stefan Blunier kleidungstechnisch mit einer knielangen Kurta unterstrich. Für eine authentische Wiedergabe sorgte Anoushka Shankar, die Tochter des 2012 im Alter von 92 Jahren verstorbenen Sitar-Virtuosen, der schon mit Yehudi Menuhin Ragas spielte und dessen prominentester Schüler Beatle George Harrison war. In dem viersätzigen Werk entwickelt sich ein wunderbarer Dialog zwischen der Solistin und den Orchestermusikern, die zum Teil in langen Soli die komplexen melodischen Figuren der von Anoushka Shankar virtuos gespielten Sitar nachahmen. Was Trompete, Klarinette, Flöte, Solovioline und andere hier leisteten, war schlichtweg großartig. Aber im Zentrum blieb immer die in klassischer Spielhaltung am Boden sitzende Shankar-Tochter, die den Farbenreichtum des Instrumentes wunderbar zum Blühen brachte. Das Publikum lag ihr gleichsam zu Füßen und erhielt für den aufbrandenden Beifall noch eine Eigenkomposition als Zugabe.

Im Anschluss pilgerten viele Menschen ins Nordfoyer, um den indischen Abend bei der „After-Show-Session“ mit der Tänzerin Meera Varghese und indischen Musikern fortzusetzen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort