Max-Ernst-Museum "Man Ray - Fotograf im Paris der Surrealisten"

BONN · Als Man Ray 1921 von New York nach Paris kam, herrschte in der dortigen Kunstszene Aufbruchstimmung. Schnell fasste der 31-jährige Einwanderersohn mit jüdischen Vorfahren Fuß im Kreis der Dadaisten und Surrealisten; mit Marcel Duchamp hatte er bereits in Amerika zusammengearbeitet.

 Viele Bilderfindungen von Man Ray wurden weltberühmt, zum Beispiel "Les Larmes" (Die Tränen), 1930-1932.

Viele Bilderfindungen von Man Ray wurden weltberühmt, zum Beispiel "Les Larmes" (Die Tränen), 1930-1932.

Foto: THE J. PAUL GETTY MUSEUM, LOS ANGELES © MAN RAY TRUST, PARIS / VG BILD-KUNST, BONN 2013

Man Ray, der sich mit 15 den ersten Fotoapparat gekauft hatte und als Reprofotograf arbeitete, begab sich auf die Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten. Dabei kam ihm gleich zweimal der Zufall zu Hilfe.

Anfang der zwanziger Jahre entstanden die ersten "Rayographien", eine Methode, bei der man Gegenstände direkt auf das Fotopapier legt und sie dann belichtet. Ray benutzte dafür etwa seinen Hotelschlüssel, Glühbirnen, Gläser, Zigaretten und vieles mehr, das er mit zunehmender Raffinesse zu surrealen Kompositionen arrangierte, die er dann fotografierte. Diese Fotogramme bilden das Entree zur neuen Sonderausstellung des Max-Ernst-Museums, die sich auf die produktivste Phase im Leben von Man Ray konzentriert. Rund 150 fotografische Werke sind zu sehen, die zahlreiche Leihgebern beigesteuert haben.

Parallel zur experimentellen Fotografie profilierte sich Man Ray als Porträtist. Er lichtete zahlreiche Künstlerfreunde ab, darunter Picasso, Dali, Gala, Georges Braque, Giacometti; Jean Cocteau, der ihn als "Poeten der Dunkelkammer" pries, vermittelte ihm zudem Kontakte in die Aristokratie. Ein Missgeschick unterlief ihm bei der Marquise Casati. Das Bild ist völlig verwackelt, die Adlige aber war begeistert und lobte, er habe ihre Seele fotografiert - so, wie ihm das auch bei vielen anderen gelang.

1929 unterläuft ihm ein Laborunglück, als seine Assistentin Lee Miller beim Entwickeln versehentlich das Licht in der Dunkelkammer einschaltet. Die starke Überbelichtung erzeugt eine surrealistische Verfremdung, die sich Man Ray fortan bewusst zunutze macht. Mittels der Solarisation gelingen ihm magisch-geheimnisvolle Effekte, durch die er "die Fotografie aus den Fesseln des Dokumentarischen befreit", wie Museumsdirektor Achim Sommer formuliert.

"Ich bin kein Fotograf der Natur, sondern meiner Fantasie", sagte der Künstler selbst. In der unbefangenen, ungehemmten Meret Oppenheim fand er ein ideales Modell für seine fantastischen Bilderfindungen. In "Erotisch verhüllt", einer seiner berühmtesten Aufnahmen, lässt er sie nackt mit beschmierter Hand vor einer Druckerpresse posieren.

Schon 1924 hatte er mit "Ingres' Violine" durch die Kombination von Foto und Rayographie eine weitere Ikone der Fotografie geschaffen. Den nackten Rücken seiner damaligen Geliebten Kiki de Montparnasse hat er so ins Bild gesetzt, dass er wie ein Cello wirkt. Weltweit bekannt sind auch die gläsernen Tränen, die aus den Augen einer Frau rinnen. Mit Max Ernst, der 1922 nach Paris ging, verbanden ihn der Ideenreichtum und der spielerische Einsatz der Mittel.

Auratische Ausstrahlung hat ein Porträt, das er 1935 von dem Künstlerfreund angefertigt hat, dem er auch verbunden blieb, als er nach der Machtergreifung der Nazis 1940 Europa verlassen musste. In Beverly Hills feierten Man Ray und Juliet Browner und Max Ernst und Dorothea Tanning 1946 eine Doppelhochzeit. Wie fröhlich und unbeschwert gefeiert wurde, lassen die dabei entstanden unkonventionellen Fotos erahnen.

Max-Ernst-Allee 1. Bis 8. Dezember. Di-So 11-18 Uhr, Katalog 29,90 Euro.

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