Kunstmuseum Bonn Maler Mary Heilmann und Blinky Palermo gastieren

BONN · Es ist eine außergewöhnliche, sehenswerte Ausstellung - "Mary: Blinky: Yay!" - mit der das Kunstmuseum seiner brillanten Serie über US-Maler - Philip Guston, Robert Ryman, David Reed und andere - ein weiteres Schmuckstück hinzufügt.

 New Yorker Farb-Dreiklang: Mary Heilmanns "Little Three for Two: Red, Yellow, Blue" aus dem Jahr 1976.

New Yorker Farb-Dreiklang: Mary Heilmanns "Little Three for Two: Red, Yellow, Blue" aus dem Jahr 1976.

Foto: Kunstmuseum

Zwei Maler, etwa gleich alt, arbeiten in New York, sind quasi Nachbarn, sind sich aber nie begegnet. Doch es entstehen Bilder aus einem Geiste, Etüden über Abstraktion, über die Primärfarben Rot, Blau, Gelb, das Quadrat und - wir befinden uns in den absolut bilderfeindlichen 70er Jahren - über das Malen an sich. Mary Heilmann, 1940 in San Francisco geboren, und Peter Heisterkamp, 1943 in Leipzig geboren, der sich seit Mitte der 60er Jahre Blinky Palermo nennt, schwimmen in den Jahren 1974/75 in New York auf einer Welle.

Es geht auch um "Bewusstseinserweiterung" durch Drogen, Reisen, Musik - und die Kunst. Im Kunstmuseum Bonn hängen die Bilder aus jener Zeit nebeneinander, Palermos vierteiliges "Red, Yellow and Blue" (1975) und Mary Heilmanns "Little Three for Two: Red, Yellow, Blue" (1976) und "The Rosetta Stone II" (1978). Themen sind die Grundfarben, deren Verhältnis zueinander, Rahmen und Fläche, klare Geometrie und deren Brechnung durch eine subjektive Maler-Handschrift.

Was wie ein bizarrer Zufall oder eine okkulte Geistesverwandtschaft anmutet, ist vielleicht damit zu erklären, dass sich Mary und Blinky damals um ein prominentes, vieldiskutiertes Quartett drehten, um Barnett Newmans "Who's Afraid of Red, Yellow and Blue" (englisch für "Wer hat Angst vor Rot, Gelb und Blau", vier Bilder-Versionen, 1966-1970). Außerdem standen der Minimalismus und die geometrische Kunst auf dem Prüfstand, rieben sich die jüngeren Künstler an Figuren wie Mondrian, Kelly und eben Newman.

Diese Auseinandersetzung spiegelt sich in der außergewöhnlichen, sehenswerten Ausstellung "Mary: Blinky: Yay!", mit der das Kunstmuseum ihrer brillanten Serie über US-Maler - Philip Guston, Robert Ryman, David Reed und andere - ein weiteres Schmuckstück hinzufügt.

Mary Heilmann, die gerade mit einer Retrospektive im Nürnberger Neuen Museum gefeiert wurde, hat sich Palermo als Dialogpartner gewünscht. "Er kopierte meine Ideen, bevor ich sie hatte", witzelte sie gestern bei der Pressekonferenz. Sie schätzt Palermos Werk seit den späten 80er Jahren. Neunzehn ihrer Werke begegnen zwölf Blinkies. Die Ausstellung wurde durch die Kuratoren Christoph Schreier und Stefan Gronert so arrangiert, dass ein anregender Dialog entsteht, Korrespondenzen erkennbar werden, sich aber auch Divergenzen auftun.

So radikal Palermo mit der auch materiellen Auflösung und Neudefinierung des Bildes voranschreitet, so dezidiert malerisch und spielerisch geht Heilmann daran, die Diskussion auf der Leinwand zu aktivieren. Wunderbar, wie sie 2011 zwei neongelbe Balken so in eine tiefblaue Fläche stellt, dass man unweigerlich an Begrenzungssteifen auf der Fahrbahn oder an Scheinwerferkegel denkt. "No Passing", heißt das Bild, eine Warnung, nicht vom Weg abzukommen. Ein gemaltes Road-Movie.

Heilmann lässt in einem geometrischen, mondrianesken Bild einen Stuhl schemenhaft verschwinden ("Ghost Chair"). Sie erlaubt dem Betrachter einen Blick in einen mit glänzendem Lack gemalten schwarzen "Spiegel". Das Farb-Nirwana wird von silbernen Farbspuren gerahmt, eine ironische Anspielung auf die heroische Zeit des Abstrakten Expressionismus. Brillant und witzig zieht Mary Heilmann alle Register der Malerei. Und findet in Palermo einen nicht minder ironischen, spielerischen und intelligenten Partner.

Den schillernden Beuys-Schüler Palermo in Bonn zu zeigen, seine Stoffbilder, die Dreiecke, die Objekte, ist fast so wie Eulen nach Athen zu tragen. Palermo-Fan Dierk Stemmler, in den 80er Jahren Direktor des Bonner Kunstmuseums, und seinen hartnäckigen Nachfolgern im Amt ist es zu verdanken, dass der 33-jährig unter nie restlos geklärten Umständen auf den Malediven gestorbene "James Dean der Kunstszene" in Bonn so gut dokumentiert ist wie sonst nur in München.

Das Kunstmuseum bestreitet den Palermo-Part der Dialogschau mit repräsentativen Arbeiten aus eigenem Bestand, zeigt vieles, was man immer wieder gesehen hat, doch so viel Palermo war seit 1992 nicht mehr in Bonn. Und im erfrischenden Dialog mit Mary Heilmann sieht man vieles neu.

Kunstmuseum Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 2; bis 29. September. Eröffnung: heute, 20 Uhr. Di-So 11-18, Mi bis 21 Uhr. Katalog (Snoeck) 25 Euro. "Im Dialog" mit Julia Friedrich ( Museum Ludwig) am 28. August

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