Malandain Ballet Biarritz zeigt neue Produktion "Magifique" in Bonner Oper

Der Jubel wollte kaum enden - Die französische Truppe gastiert in der Reihe "Highlights des internationalen Tanzes"

Malandain Ballet Biarritz zeigt neue Produktion "Magifique" in Bonner Oper
Foto: theater

Bonn. Zum ersten Mal gastierte eine französische Compagnie in der Reihe "Highlights des internationalen Tanzes" im Opernhaus. Weil ein Tänzer sich verletzt hatte, musste das "Malandain Ballet Biarritz" (benannt nach seinem Gründer Thierry Malandain) sein Programm kurzfristig ändern.

So kam das Bonner Publikum - unverhofft, aber durchaus glücklich - in den Genuss der deutschen Erstaufführung der neuesten Produktion der Truppe: "Magifique", Mitte Dezember uraufgeführt im spanischen San Sebastian.

Der Titel vermischt die französischen Wörter "magique" und "magnifique", und vom großartigen Zauber des Tanzes handelt Malandains Stück, das zudem eine zärtlich ironische Hommage an die drei großen klassischen Handlungsballette von Tschaikowsky ist, die hier kurz vor Weihnachten noch vom Russischen Nationalballett aufs Schönste zelebriert wurden.

Malandains Choreografie erzählt "Dornröschen", Schwanensee" und "Nussknacker" zur Musik von Tschaikowskys entsprechenden Orchestersuiten nicht einfach nach. Kindlich staunend lässt er einen jungen Tänzer (Arnaud Mahouy) durch die vergangene Märchenwelt irren, geführt und gelegentlich ernüchtert durch einen erfahrenen Begleiter (Frederik Deberdt), der die Künstlichkeit und Vergänglichkeit all dieser Fantasiegebilde kennt und ihnen dennoch immer wieder verfällt.

Mit diesem doppelten Blick aus Ver- und Entzauberung zitiert Malandain die berühmten Nummern der Choreografien von Marius Petipa und Lew Iwanow herbei, lässt spielerisch Träume von Walzerseligkeit und Festglanz aufleuchten und schnell vergehen. Schauplatz bleibt der Ballettsaal mit beweglichen Spiegeln und Trainingsstangen: Jede Illusion ist bewusst hergestellt, jede Schwerelosigkeit ist Ergebnis körperlicher Schwerstarbeit.

Und dennoch bleibt diese unüberwindliche Magie des schönen Scheins. Getanzt werden die klassischen Figuren zumeist auf Halbspitze; brillante Ballons und Entrechats werden witzig konterkariert durch Passagen auf flacher Sohle.

In seinen hautfarbenen Trikots mit aufgemalten Rippen (Kostüme: Véronique Murat) wirkt das perfekte Ensemble wie eine hoch getrimmte Körpermaschinerie, aus der sich Einzelne herauslösen, um lustvoll ihre Individualität zu behaupten. Selbstbewusst fertigt Aurora (Silvia Magalhaes) im Rosenadagio von "Dornröschen" die vier Kavaliere ab.

Ungemein komisch stellen die männlichen Schwanenküken ihren Pas de quatre von den Füßen auf den Kopf. Die Puppen im "Nussknacker" werden frech lebendig, die durch den Raum schwirrenden lackschwarzen Raben-Frauen scheinen nichts für kleine Jungs zu sein. So ganz geheuer sind diese Zuckerfeen, Mäusekönige, mehr oder minder bösen Zauberer, tapferen Prinzen, verschlafenen Prinzessinnen und flatternden Schwäninnen ohnehin nicht.

Zwischen Pirouetten, Märschen und all den angedeuteten Divertissements lauert die Wirklichkeit mit gebrochenen Flügeln und verstauchten Füßen. Und dem unwiederbringlichen Verlust der Naivität, mit dem ein "Schwanensee" einst zum Träumen verführte. Geblieben ist in Malandains knapp anderthalbstündiger Reflexion über die Magie des Tanzes eine feine Poesie mit geistreich gespiegelten Brechungen. Der Jubel für das exzellente Ensemble und den Esprit der Inszenierung wollte im fast ausverkauften Opernhaus kaum enden.

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