Lebendig arrangierter Lehrpfad LVR-Landesmuseum zeigt grafische Werke aus der Privatsammlung Mülstroh

BONN · Der stattliche Grafikfundus des LVR-Landesmuseum Bonn hat kultivierten Zuwachs erhalten: es handelt sich um die mit über 3000 Blättern bestückte Privatsammlung des Heinsberger Architekten Klaus Mülstroh.

 Stephen Hawking, fotografiert von Anton Corbijn.

Stephen Hawking, fotografiert von Anton Corbijn.

Foto: Museum

Das in den 1960er Jahren angelegte Sammlerprojekt mutiert vorerst zu einer auf 30 Jahre anberaumten Dauerleihgabe, die schlussendlich in eine Schenkung mündet. Das facettenreiche Konvolut konzentriert sich auf Arbeiten aus dem Zeitraum 1950 bis 2000.

Schwerpunkte bilden Prominenzen der rheinischen Kunstlandschaft (etwa Beuys, Richter) sowie Vorstöße zur Frontszene der USA (Warhol, Hockney), gefolgt von gezielten Abstechern etwa nach England, Frankreich, Österreich, Italien oder Spanien. Das großartige Spektrum glänzt mit exklusiven Grafikwürfen (mischtechnische Experimente), etlichen Unikaten, sowie durch grafische Lustbarkeiten mit geringer Auflage und fotografische Ausnahmefälle.

Das starke Schauabenteuer "Von A bis Z - Grafische Werke des 20. Jahrhunderts aus der Sammlung Mülstroh im LVR-Landesmuseum" beschert mit seinen 50 Exponaten einen ersten, faszinierenden "Einblick in die Privatsammlung von Klaus Mülstroh" (Untertitel). Angedacht ist eine jährlich fortgesetzte Reihe weiterer Kabinettausstellungen.

Die alphabetisch sortierte Sequenz repräsentativer Kostproben gleicht einem lebendig arrangierten, mit instruktiven Tafeln beschicktem, vortrefflich beleuchteten Lehrpfad, der eine systematisch konzipierte Kreuzfahrt durch "Stilrichtungen und Kunstströmungen des 20. Jahrhunderts" (Kuratorin Alexandra Käss) vermittelt.

Die skizzenhaft erzählende Schwarzweiß-Lithografie eines Siegfried Anzinger und die an reine Farbmalerei erinnernde Aquatinta von Jerry Zeniuk signalisieren das weite Spannungsfeld einer tiefen Fundgrube. Seltenheitswert haben etwa das farbige Opus "Rose" von Kazuo Katase, ein handkolorierter Ink-Jet-Druck von Leiko Ikemura, die Schablonenspritzung von Bildhauer David Nash oder gar das Farbfleckenensemble der umstrittenen Silvie Fleury.

In den Blick stechen Spuren amerikanischer und englischer Pop-Art (Peter Blake) oder des abstrakten und lyrischen Expressionismus (Paul Jenkins), Aufleuchten des Tachismus (Maurice Estebe, Pierre Tal-Coat) und Arte Povera, surreale oder dadaistische Untertöne (Richard Lidner, Dorothea Taming), Auszüge deutscher Konzeptkunst (Hanne Darboven, Jenny Holzer). Vollblutgrafiker Otto Pankok liefert derweil ein durchgearbeitetes Selbstbildnis.

Auf das hohe Niveau von Druckwerkstätten der DDR macht gleichermaßen Otto Dix-Schüler Hans Theo Richter aufmerksam. Die früheste Arbeit im Kreise stammt von Umbo (Otto Umkehr), der 1928 das magische Ambiente von "unheimliche Straße" kurzerhand per Kopfkippung potenzierte.

Die wohl unmittelbarste Nähe zum Genre Grafik erzeugen Arbeiten, die den Prozess des Druckens fokussieren (Rudolf Hradil), so auch eine mit druckschwarzen Fingerabdrücken behaftete Komposition von Dieter Roth. Dass ein reiner Prägedruck Pluspunkte sammelt, zeigt Raimund Girke.

LVR-Landesmuseum Bonn, Colmantstr. 14-16; bis 19. August. Di - Fr, So 11 bis 18 Uhr, Sa 13 bis 18 Uhr.

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